RUDOLF BALMER ZU ERMITTLUNGEN GEGEN EXPRÄSIDENT SARKOZY : Aufstand der grünen Erbsen
Es ist die Geschichte eines Politikers, der als gewählter Präsident von Frankreich glaubte, seine Freiheit und Macht sei grenzenlos. Nicolas Sarkozy hat in seiner Lieblingsrolle des omnipräsenten, High-Society-affinen „Bling-Bling-Präsidenten“, diese Macht und dieses Gefühl, niemandem Rechenschaft geben zu müssen, in vollen Zügen genossen. Die Versuchung war groß, sich uneinholbar über dem Recht stehend zu fühlen.
Doch im Mai 2012 hat Sarkozy die Wahlen verloren – und nun holen ihn die früheren Affären ein. Auch dass er die Untersuchungsrichter, die ihm etwas anlasten wollten, als „kleine grüne Erbsen“ verhöhnt hat. In Justizkreisen hat man es ihm darüber hinaus auch nie verziehen, dass er regelmäßig Gerichtsentscheide kritisierte.
Sarkozy wird die aktive Bestechung von hohen Richtern vorgeworfen. Das brachte ihn erst zur Vernehmung in Polizeigewahrsam. Und jetzt wird wegen Korruption ermittelt. Auf seine einstige Immunität kann sich Sarkozy nicht mehr berufen. Seine jetzigen Probleme hat er sich nach dem Ende seiner Präsidentschaft selber eingebrockt: Aus Abhörprotokollen geht angeblich hervor, dass Sarkozy seine Beziehungen einsetzte, um über ein Netz befreundeter Spitzenbeamten die Justiz zu manipulieren.
Wenn ihm die Behörden von Nanterre diesen gravierenden Vorwurf nachweisen können, dürfte Sarkozys politische Karriere vor einem jähen Ende stehen. Wenn nicht, wird sich der Expräsident in seiner Vorstellung bestätigt fühlen, eben nicht ein Bürger wie andere in dieser Republik zu sein.
Die Ermittlungen gegen Sarkozy, dessen Namen derzeit in mindestens sechs Untersuchungsdossiers zu Korruption, illegaler Wahlfinanzierung, Betrug und Machtmissbrauch – von Untersuchungsrichtern dick rot unterstrichen – steht, werden so für Frankreich zu einem Testfall für die Unabhängigkeit der Justiz und der Demokratie.
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