: Lernen von Papa
Ursula von der Leyen fordert von Männern Fürsorge und Verantwortung. Eine Kita-Garantie für Kinder wäre besser
Familienministerin Ursula von der Leyen erteilte jüngst der SPD mit der Forderung, Kinderbetreuungseinrichtungen auf Kosten des Kindergeldes einzurichten, eine Abfuhr. Bei knappen Budgets sind Umverteilungs-Fragen politische Fragen. Die Ministerin wird nicht beides – freie Kitas und Kindergeld – haben können.
„Moderne Männer“ seien die Lösung, kontert von der Leyen und fordert, Väter sollen sich mehr um ihre Kinder kümmern. Der passende Slogan ziert eine Kampagne des Ministeriums: „Krabbeln lerne ich bei Mama. Laufen dann bei Papa.“ Die klassische Konstellation Vater-Mutter-Kind soll beschworen werden, mit gleichzeitig moderneren Männern.
Das neue Selbstbewusstsein solle von „Fürsorge und Verantwortung“ für die Familie getragen sein, verriet die Ministerin der Bild am Sonntag. Fürsorge und Verantwortung suchte man bisher wohl eher im wertkonservativen Idealbild des Menschen, jetzt scheint der Zug beim modernen Mann angekommen zu sein. Fürsorge bedeutet heute aber nicht mehr, dass Männer arbeiten gehen und ihre Familien ernähren – das weiß von der Leyen. Verantwortung heißt nun vielmehr, ein Familienvater zu sein und nicht zu verschwinden, wenn’s mal kracht.
Die sozialen Lebenswelten ändern sich in Richtung gleichberechtigter – und gleich fordernder – Erziehungsarbeit. Das EU-Projekt „Work changes Gender“ sieht einen Hauptgrund im Wegfall der klassischen Arbeitsverhältnisse. Wenn Frauen und Männer zu flexiblen Arbeitnehmern werden müssen, verändert sich auch die Kindererziehung. Weniger als die Hälfte der Deutschen im arbeitsfähigen Alter haben demnach heute noch eine klassische Anstellung. Viele junge Väter wollen heute selbstverständlich einen Teil der Erziehung übernehmen. Dies widerspricht jedoch oft den wirtschaftlichen Notwendigkeiten – wer sich nicht voll in den Job reinhängt, hat kaum Aufstiegschancen.
Eine Politik für Eltern bedeutet, es einfacher zu machen, Job und Nachwuchs zu verbinden. Etwas Geld für betriebliche Kinderbetreuung und eine Selbstverpflichtung zur Kita-Errichtung sind zwar schön, reichen aber nicht. Erst mit einer staatlichen Garantie auf einen Kinderbetreuungsplatz hätten „moderne“ Eltern eine konkrete Handhabe, sich gegen müßige Kommunen und Länder zu wehren.
ROMAN SCHMIDSEDER