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Archiv-Artikel

Europa wappnet sich gegen Afrikas Migranten

EU-Minister wollen Grenzschutzagentur Frontex stärken. 10.000 neue Bootsflüchtlinge aus Westafrika unterwegs

Von D.J.

DRESDEN/BERLIN afp/taz ■ Im Zeichen der Angst vor neuen Migrationsbewegungen aus Afrika nach Europa haben die Innen- und Justizminister der EU über eine verbesserte Abschottungspolitik beraten. Zum Auftakt des zweitägigen informellen Treffens in Dresden warnte der zuständige EU-Kommissar Franco Frattini gestern, die EU erwarte bereits im April einen „massiven Strom von Flüchtlingen“. Frattini will daher einen Appell an die EU-Mitgliedstaaten richten, die EU-Grenzschutzagentur Frontex besser auszustatten. „Wir haben keine Flotte, keine Hubschrauber, keine Flugzeuge“, kritisiert Frattini mit Blick auf Frontex.

Frontex-Patrouillen sind seit letztem Jahr im Atlantik vor den Küsten Mauretaniens, Senegals und der Kapverden unterwegs, um gemeinsam mit den Marinekräften dieser Länder Migrantenboote aus diesen Staaten abzufangen, bevor sie in hohe See Richtung Kanaren stechen. Letztes Jahr sind über 31.000 afrikanische Migranten auf dem unsicheren Seeweg auf die zu Spanien gehörende Inselgruppe gelangt. Nach Schätzung der kanarischen Behörden sind weitere 6.000 bei der Überfahrt ums Leben gekommen.

Auch im Mittelmeer haben Frontex-Schiffe die Migrationsroute von Libyen auf die italienische Insel Lampedusa kontrolliert. An diesem Einsatz hat Deutschland mit zwei Hubschraubern teilgenommen.

Die senegalesische Zeitung Le Soleil schätzte am 10. Januar die Zahl der afrikanischen Migranten, die derzeit in Küstenorten Mauretaniens und der Westsahara auf eine Reisemöglichkeit Richtung Kanaren warten, auf über 10.000 Menschen. 700 bis 800 würden dort jeden Tag in See stechen, hieß es unter Berufung auf Angaben bei einem Seminar in der nordsenegalesischen Hafenstadt Saint-Louis; 40 Prozent der Boote würden aber sinken. Die meisten Reisen würden in Fischerdörfern ihren Ausgang nehmen; der Niedergang der westafrikanischen Fischerei, die immer mehr Rechte an EU-Fangflotten abtreten muss, ist ein Motor der Emigration. Im Jahr 2006 ist der Fischfang in Senegal gegenüber 2005 um 17,7 Prozent zurückgegangen, meldete die senegalesische Nachrichtenagentur APS zu Jahresbeginn. Ein Grund dafür sei, dass immer mehr Fischer in ihren Booten ausgewandert seien, wurde eine Quelle im Wirtschaftsministerium zitiert.

Bei der Abwehr der afrikanischen Migration setzt die EU nicht nur auf eigene Bemühungen, sondern auch auf Anstrengungen der nordafrikanischen Nachbarländer. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR protestierte letzte Woche gegen Massenabschiebungen schwarzafrikanischer Einwanderer aus Marokko, nachdem die Polizei in der Hauptstadt Rabat am 23. Dezember 240 Emigranten festgenommen und an die algerische Grenze gefahren hatte. Mindestens 70 davon seien Asylbewerber oder anerkannte Flüchtlinge gewesen, so das UNHCR. Es seien weitere Razzien in anderen Städten gefolgt, kritisierten drei marokkanische Menschenrechtsgruppen. In El Ayoun, Hauptstadt der von Marokko besetzten Westsahara, wurden am Freitag nach amtlichen Angaben weitere 92 schwarzafrikanische Migranten festgenommen. D.J.