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Archiv-Artikel

Bitte nicht ernst nehmen

So ganz ernst nehmen darf man sie nicht, das fängt schon bei ihrem Namen an: Max Andrzejewski’s Hütte nennen nicht umsonst einen herzlich überflüssigen, grammatisch falschen Apostroph ihr Eigen. Zudem hat sich das Quartett um den in Berlin lebenden Schlagzeuger Max Andrzejewski in den vergangenen Jahren einen Namen in der deutschen Jazz-Szene erspielt, obwohl die Musik der Band nicht selten klingt, als wollte sie den Jazz durch den Kakao ziehen.

Auf dem neuen Album wird das sogar noch auffälliger als es bislang schon war. Die übliche Besetzung aus Saxofon, Gitarre, Bass und Schlagzeug wurde zu Max Andrzejewski’s Hütte & Chor erweitert. Der wird gebildet von vier Sängerinnen und einem Sänger, allesamt selbst Jazzkoryphäen. Nun wird das bisweilen konfus klingende Geklimper und Getrommel und Getröte also auch noch zerrissen von seltsamen Zwischenrufen, werden Worthaufen und sinnlose Sätze kreischend ausgekotzt, wird gekiekst und gejapst, geblubbert und gebrabbelt, geröchelt, geflüstert und mitunter sogar, meist recht angestrengt, gesungen. Währenddessen durchschreitet die Hütte ein breites Spektrum von Cool bis Free Jazz, adaptiert Elemente aus Pop und Weltmusik oder bricht plötzlich aus in ein lustiges, irgendwie Country-artiges Gehoppel, das klingt, als wären die Daltons auf der Flucht vor Lucky Luke. Tatsächlich hört sich das in den besten, den also nicht allzu anstrengenden Momenten vollkommen nach Dada an.

Nape dagegen beackern ein vollkommen anderes Feld. Das aber dafür umso intensiver. Die Band aus Cottbus und Berlin hat ihr zweites Album, „Read My Mind“, im vergangenen Sommer in Brasilien eingespielt, aber das ist garantiert nicht zu hören: Statt Sambarhythmen gibt es Prügelschlagzeug, Kreischgitarren und Knarzgesang. Nape spielen trockene, kräftige und vor allem sehr laute Rockmusik, die mal eher nach Grunge, mal sehr deutlich nach Stoner Rock klingt. Dabei rekapituliert die vierköpfige Band souverän die einschlägigen Genrevorgaben und trotzt dem ein oder anderen üblen Klischee eine gewisse Frische ab. Dann aber gibt es Augenblicke, in denen der Gitarren-Riff ein selbstgewisses Eigenleben annimmt und Sänger Steve Gerisch seine Stimmbänder quält wie einst Ozzy Osbourne oder Ian Gillan. Das sind die Momente, in denen aus der in Klang gegossenen, heiligen Humorlosigkeit doch noch überkandidelter Spaß wird. Ganz so ernst darf man auch Nape nicht nehmen.

THOMAS WINKLER

■  Max Andrzejewski’s Hütte & Chor (Traumton/ Indigo)

■   Nape: „Read My Mind“ (Setalight)