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Archiv-Artikel

Der Erbstreit hat bereits begonnen

Der bayerische Wirtschaftsminister Huber und Bundesverbraucherminister Seehofer melden Anspruch auf CSU-Vorsitz an

München/Berlin dpa ■ Einen Monat nach Beginn der beispiellosen CSU-Krise erklärte Stoiber gestern in München: „Der Erfolg und die Geschlossenheit der CSU, das Wohl und die Zukunftsfähigkeit des Freistaats Bayern waren stets mein oberstes politisches Ziel.“ Daher werde er bei der Landtagswahl 2008 nicht mehr antreten und im September auch nicht mehr als CSU-Vorsitzender kandidieren.

Eine Vorentscheidung für die Nachfolge ist nach Angaben aus der CSU-Landtagsfraktion bereits gefallen: Bayerns Innenminister Günther Beckstein (63) soll neuer Ministerpräsident werden und Wirtschaftsminister Erwin Huber (60) CSU-Chef. Huber meldete seine Kandidatur bereits offiziell an. Allerdings droht Streit um den CSU-Vorsitz: Auch der zuletzt wegen Enthüllungen über sein Privatleben in Bedrängnis geratene CSU-Vize Horst Seehofer meldete Ansprüche auf das Spitzenamt an.

Nach wochenlangem zermürbendem Führungsstreit in der CSU, dessen Auslöser Bespitzelungsvorwürfe der Fürther Landrätin Gabriele Pauli waren, gab Stoiber dem wachsenden Druck aus seiner Partei nach. Er steht seit fast 14 Jahren als Regierungschef an der Spitze des Freistaats. Stoiber will an diesem Freitag in München Gespräche mit der CSU-Spitze führen, „um die Entscheidungen für die künftige Spitze in Partei und Staat vorzubereiten“.

Beckstein widersprach den Informationen aus der Fraktion, wonach er bereits als neuer Ministerpräsident feststehe. „Entscheidungen gibt es nicht“, sagte er in Kreuth. Er fügte aber auch hinzu: „Es ist selten, dass etwas völlig aus der Luft gegriffen ist.“

Der Vorsitzende der Berliner CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer meinte ebenfalls, es gebe noch keine endgültige Entscheidung. Es sei verfrüht, „das Fell des Bären zu verteilen“. Ramsauer brachte bei der Neubesetzung des CSU-Vorsitzes die Bundesminister Michael Glos und Seehofer ins Gespräch und reklamierte ein Mitentscheidungs- recht der CSU-Bundestagsabgeordneten.

Mehrere CSU-Abgeordnete sowie ein Kabinettsmitglied hatten der dpa am Morgen gesagt, Stoiber sei bei den Gesprächen in Kreuth dabei gewesen, habe der von ihm mit ausgehandelten Regelung aber noch nicht endgültig zugestimmt. Dem Vernehmen nach wollte der CSU-Chef in jedem Fall verhindern, dass seine Rückzugsentscheidung schon frühzeitig bekannt wurde.

Bei den Gesprächen der Spitzenleute in Kreuth wurden offenbar mehrere Varianten durchgespielt. Seehofer, der als Favorit für den CSU-Vorsitz gehandelt wurde, gelte wegen der Berichte über eine angebliche außereheliche Affäre als zu sehr beschädigt. Bei der Entscheidung zu Gunsten Hubers sei bedacht worden, dass die Landesgruppe die Personalie „gut mittragen“ könne. Huber sei auch eine bundespolitisch prominente Persönlichkeit. „Frau Merkel kennt ihn gut“, hieß es.

Sowohl die SPD als auch die Grünen in Bayern forderten den sofortigen Rücktritt Stoibers als Ministerpräsident und verlangten eine baldige Neuwahl.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck erwartet mit dem für Ende September angekündigten Rücktritt von Edmund Stoiber als Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef schwierige Monate für die große Koalition. „Wir haben einige unklare Monate vor uns“, sagte Beck gestern in Mainz. „Das ist eine Hängepartie, die man so in der Politik bisher kaum erlebt hat.“ Niemand wisse, „wie es weitergehen wird in der CSU und wer verantwortlich reden wird“. Allerdings stehe die Partnerschaft nicht in Frage: „Die Koalition in Berlin steht und wird bis 2009 stehen.“