Nicht zu vergessen

KLEINE PARTEIEN (I): Vom städtischen Internet-Portal wurden sie glatt übersehen. Dabei werben auch sie um Listen-Stimmen bei der Bürgerschaftswahl

Sie stehen auf den Wahlzetteln, haben Plakate in der Stadt aufgehängt und betreiben ihre Infostände, sind also ohne Zweifel Teil des Rennens um die Bürgerschaftsmandate – doch in einer Übersicht zur Wahl auf dem städtischen Internet-Portal hamburg.de fehlten sie: Die sogenannten „kleinen Parteien“, die noch nicht in der Bürgerschaft vertreten sind und auch nicht im Bundestag sitzen. Martin Fuchs berichtete auf seinem Blog http://wahlbeobachter.blogspot.com darüber, kleine Parteien selbst hakten nach beim Senat – vier Tage später waren die Kandidaten-Listen offline, „um Missverständnisse zu vermeiden“, wie die Online-Redaktion des Senats mitteilte.

Mit vielen Plakaten in der Stadtmitte präsent ist die Piratenpartei. Sie gelang zu etwas Bekanntheit dank ihres Ergebnisses bei der vergangenen Bundestagswahl: Sie holte 2009 bundesweit rund zwei Prozent, bei der Bürgerschaftswahl 2008 lag ihr Ergebnis noch im Promille-Bereich. Ihr Hauptanliegen: Bürgerliche Freiheitsrechte – vor allem im Internet, aber auch außerhalb. Die Hamburger Piraten sind keine Ein-Themen-Partei mehr, in ihrem Wahlprogramm tauchen auch Forderungen zu anderen Bereichen auf: etwa mehr Transparenz in politischen Prozessen, weniger Videoüberwachung, kostenloser öffentlicher Nahverkehr. Die Partei wirbt mit einem „Ja“ zu Stadtbahn und der Rekommunalisierung der Netze, einem „Nein“ zu Elbvertiefung und Gentrifizierung. Spitzenkandidat ist der selbständige Medienunternehmer Claudius Holler.

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) machte zuletzt in Bayern Schlagzeilen: Ihr jetziger Bundesvorsitzender war Initiator des erfolgreichen Volksbegehrens für strikte Nichtraucherschutz-Gesetze. In Hamburg fordert sie mehr Transparenz bei Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft, eine Rekommunalisierung von Energieversorgung, Krankenhäusern und des Maßregelvollzugs, der Betreuung von psychisch Kranken oder suchtkranken Straftätern. Die ÖDP ist gegen die Elbvertiefung und für eine ökologische und familienfreundliche Bebauung des Altonaer Bahnhofsgeländes. Spitzenkandidatin ist die Pastorin Verena Häggberg.

Das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) wirbt mit dem Slogan „Multikulti lebt“ – und beschäftigt sich vor allem mit Integration. Ziel sei es, Gleichbehandlung in allen Bereichen des Lebens zu ermöglichen, schreibt die Partei auf ihrer Website. „Integration bedeutet für uns die aktive gesellschaftliche und politische Teilhabe aller Mitbürger unter Bewahrung ihrer eigenen vielfältigen Identität.“ Spitzenkandidat ist der Kulturmanager Yasar Erdogan.

Die Partei ist aus einem Projekt der Satirezeitschrift Titanic entstanden. Sie karikiert mit ihren Plakaten und Reden Rituale und Floskeln der großen Parteien. Spitzenkandidat ist der Autor und Satiriker Heinz Strunk. DKU