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Archiv-Artikel

No-Go-Area für Haider und Siegerist

Damit Rechtsradikale nicht ins Rathaus können, soll nun gar keine Partei das Gebäude mehr mieten dürfen

Die Anfrage kam nicht unerwartet: Wie zuvor schon SPD und Linkspartei will nun auch der wegen Volksverhetzung verurteilte Ex-Journalist Joachim Siegerist die obere Rathaushalle mieten – für eine Wahlkampfveranstaltung seiner Initiative „Bremen muss leben“. Siegerist, Chef der „Deutschen Konservativen“, tritt nun – wie bereits im Dezember angedroht – zur Landtagswahl am 13. Mai an.

Seine Anfrage ging am Freitag bei der Rathausverwaltung ein. Als Redner sind neben dem ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch auch der Gründer der „Freiheitlichen“ aus Österreich, Jörg Haider, vorgesehen. Erst in der vorvergangenen Woche hatten die Bremer „Republikaner“ einen ähnlichen Antrag gestellt. Auch sie wollten mit einem Vortrag ihres Bundesvorsitzenden Rolf Schlierer im Rathaus den Wahlkampf einleiten.

Vor einigen Tagen hieß es seitens der Verwaltung, die Anfrage der Republikaner werde noch bearbeitet. Doch als auch der stramm deutschnationale Siegerist samt rechtem Anhang aus Österreich in den Senatssitz drängte, sah sich Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) zum Handeln veranlasst.

„All diese Herrschaften haben hier nichts zu suchen“, sagte Senatssprecher Klaus Schloesser. Zwar pflege man „sehr gerne ein offenes Rathaus“. Doch wenn dies in der Konsequenz bedeute, auch Rechtsextremen Einlass gewähren zu müssen, sei diese Praxis nicht mehr aufrecht zu erhalten. Auch wenn die „Deutschen Konservativen“ um Siegerist „sich den feinen Anzug anziehen, statt sich den Schädel zu rasieren, wissen wir sehr genau, mit welcher Gesinnung man es hier zu tun hat“, so Schloesser. Böhrnsen lasse derzeit einen Richtlinienentwurf erarbeiten, der bereits morgen dem Senat vorgelegt werden solle. Dieser sieht vor, das Rathaus gar nicht mehr an Parteien und parteinahe Organisation zu vermieten. Veranstaltungen wie das „Schaffermahl“ seien hiervon unberührt.

Böhrnsen wird dabei möglicherweise auf juristischen Widerstand stoßen. Ulli Rühl, Professor für öffentliches Recht an der Uni Bremen, weist auf den Gleichbehandlungsgrundsatz für Parteien hin. „So lange eine Partei nicht verboten ist, muss sie beim Zugang zu öffentlichen Einrichtung behandelt werden, wie alle anderen auch“, sagt der Jurist. Nur in „Knappheitssituationen“ könne von diesem Grundsatz abgewichen werden – und dann müssten „sachgerechte Verteilungskriterien“ zugrunde gelegt werden. Eine Art politischer „Gesichtskontrolle“ sei dabei nicht zulässig.

Die Republikaner jedenfalls wollen sich mit dem angekündigten Ausschluss aus dem Rathaus nicht zufrieden geben: Man werde gegen diese „massive Ungleichbehandlung“ mit „allen rechtlichen Mitteln und durch alle Instanzen wehren“, kündigte die Partei noch am Wochenende an. Christian Jakob