: Machtkampf am Millerntor
Präsident Corny Littmann sanierte den FC St. Pauli und schaffte die Grundlage für den Stadionneubau. Doch weil der Aufsichtsrat zögert, ihn erneut als Präsidenten vorzuschlagen, tobt eine Führungskrise im Kiez-Club
Der Gesprächsfaden riss Mitte vergangener Woche. Gleich in mehreren Zeitungen hatte der Präsident des FC St. Pauli, Corny Littmann, den Aufsichtsrat des Vereins scharf kritisiert, ihm vorgeworfen, dem Club damit zu schaden, dass er „die Frist“ ihn und seine Vertreter erneut als Präsidium vorzuschlagen, „völlig unnötig verstreichen“ lasse.
Am Mittwoch schlug das gescholtene Gremium zurück. Kurzerhand sagten die Kontrolleure das für Donnerstag geplante Treffen mit dem Präsidium ab. Die „Stimmungskampagne“, so die Begründung, mache eine „konstruktive Erörterung der Sachfragen“ nicht möglich.
Die Funkstille am Millerntor ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Jahren währenden Machtkampfes zwischen Präsident und Aufsichtsrat. Am 25. Februar endet Littmanns Amtsperiode, doch das Signal, ihn und seine Stellvertreter erneut zu nominieren, hat der Aufsichtsrat bislang nicht gegeben.Und das, obwohl auch hier unumstritten ist, dass die Sanierung des einst maroden Vereins und die Realisierung des überlebenswichtigen Stadionneubaus zu allererst Littmann zu verdanken ist. Kommt nun nicht bald ein klares Bekenntnis des Aufsichtsrates zu Littmann, droht dieser, die Klotten hinzuschmeißen.
„Wir haben keinen Zeitdruck“, hält Aufsichtsrats-Chef Michael Burmester dagegen. Das Präsidium könnte regulär bis zur nächsten Mitgliederversammlung im Herbst im Amt bleiben. Jetzt gehe es erst einmal darum, mit den derzeitigen Amtsinhabern „wichtige Sachfragen zu klären“.
Dabei gehe es „um die Verträge für den Stadionneubau“, mit denen, „die Weichen für die Zukunft des Clubs für Jahre gestellt“ würden, sagt Burmester. Zudem müsste die „Kommunikation zwischen Rat und Präsidium „verbindlich verbessert werden“.
Immer wieder hatte der Aufsichtsrat Littmann in den vergangenen Jahren gerügt, weil dieser ihn in wichtige Entscheidungen nicht eingebunden und damit seine satzungsgemäßen Aufgaben ausgehöhlt haben soll. Spielerverträge seien ohne die notwendige Zustimmung des Aufsichtsrats abgeschlossen worden, mehrfach hätten die Kontrolleure entscheidende Informationen erst aus der Zeitung erfahren. „Das war die Regel und nicht die Ausnahme“, sagt Burmester: „Wir haben unendlich viel schlucken müssen.“
Nun pocht der Rat auf „eine schriftliche Vereinbarung mit dem Präsidium“, die die zukünftigen Kommunikationsstrukturen „klar und eindeutig“ festlege. Gehe es mit dem Präsidium nicht voran, droht der Aufsichtsrat unverhohlen, einen Gegenkandidaten zu Littmann zu präsentieren.
Littmann, der bereits angekündigt hat, sich keiner Kampfkandidatur zu stellen, beteuert hingegen, „viele Maßnahmen getroffen zu haben, um die Kommunikation zu verbessern“. Die Türen der wichtigsten Gremien ständen den Kontrolleuren stets offen, alle wichtigen Infos zum Stadionneubau würden dem Aufsichtrat unverzüglich zugeleitet, Spielerverträge grundsätzlich an seine Zustimmung gebunden. „Ich habe dem Rat sogar angeboten, ein viertes Präsidiumsmitglied vorzuschlagen, dessen Aufgabe es wäre, die interne Kommunikation zu verbessern“, verrät Littmann.
Clubkenner befürchten nun, dass der Stadionumbau sich verschleppen oder verteuern könnte, da die Investoren ein klares Signal erwarten würden, wer in Zukunft die Einhaltung der Verträge garantiert. Ein Vereinsintimus klagt deshalb: „Der Aufsichtsrat wird den durch den Stadionumbau gestiegenen Anforderungen derzeit nicht mehr professionell gerecht.“ Marco Carini