Die Sonne geht wieder auf

ENERGIE Globale Investitionen in Ökostrom nehmen wieder zu. Dahinter steckt eine doppelte Wende

BERLIN taz | Weltweit wird wieder mehr Geld in erneuerbare Energien investiert. Laut Branchenanalysten von Bloomberg New Energy Finance flossen im zweiten Quartal dieses Jahres 63,6 Milliarden US-Dollar vor allem in Wind- und Solarparks und kleine Wasserkraftwerke. Das ist ein Drittel mehr als noch im ersten Quartal und knapp 10 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum vor einem Jahr.

Damit deutet sich eine Wende an, die schon lange erwartet wird. Seit drei Jahren gehen die Investitionen in erneuerbare Energien zurück oder stagnieren zumindest. Die Phase des steilen Wachstum seit Beginn der 2000er und speziell seit 2007 war vorbei. Bloomberg-Analyst Michael Liebreich spricht von einer durch Schulden und Politik getriebenen Investitionsblase in dieser Zeit. Die Branche war extrem abhängig von einigen wenigen Märkten, hauptsächlich Deutschland oder auch Spanien. Weltweit war die Kapazität zur Produktion von Solarmodulen mehr als doppelt so groß wie der Markt. In Deutschland und anderswo gingen Hersteller reihenweise pleite, auch die Windkraftbranche musste mit sinkenden Absätzen kämpfen. „Auf die Boomphase musste unvermeidbar eine Konsolidierung folgen, diese Periode scheint nun endgültig vorbei zu sein“, sagt Liebreich.

Mittlerweile wächst der Markt auch in Schwellen- und Entwicklungsländern stark. China investiert, gefolgt von Europa und den USA, am meisten. Der Markt für kleine Solaranlagen steigt sprunghaft an. Und in den Niederlanden fiel die Entscheidung für das teuerste Einzelprojekt in der Geschichte der erneuerbaren Energien, zählt man Wasserkraft nicht mit: Eine Gruppe Investoren steckt 3,8 Milliarden Dollar in den Bau des 600-Megawatt-Windparks Gemini in der Nordsee.

Das Beispiel zeigt auch, dass der Aufschwung bei den erneuerbaren Energien noch fragil ist, denn derartige Mega-Investments verzerren die Statistik. Dennoch: Selbst die Internationale Energie Agentur (IEA) rechnet vor, dass mittelfristig bis 2030 jeder zweite Dollar, der weltweit in Kraftwerke investiert wird, in erneuerbare Energien fließt. Die IEA spiegelt, wirft man einen Blick auf ihre Beratergremien, in etwa die Erwartungen der globalen Energiebranche wider. Momentan fließt etwa ein Drittel der globalen Investitionen in Kraftwerke in erneuerbare Energien, zwei Drittel in fossile Stromerzeugung. Die Bloomberg-Analysten erwarten, dass sich dieses Verhältnis bis 2030 umkehrt, also nur noch ein Drittel zum Bau herkömmlicher Kraftwerke aufgewandt wird.

Dazu passt auch: Warren Buffett, amerikanischer Multimilliardär und legendär erfolgreicher Investor, kündigte erst kürzlich an, nochmals 15 Milliarden Dollar in Sonnen- und Windkraftwerke zu stecken und damit seine Anlagen zu verdoppeln. Der Grund: Mit den bisher investierten 15 Milliarden hat er eine gute Rendite erwirtschaftet – vor allem, weil sich in den USA eine Menge Steuern sparen lässt, wenn man in erneuerbare Energien investiert. INGO ARZT