Glanz in elender Hütte

Außenseiter Ludwigsburg dominiert dank professioneller Teamführung und origineller Trainingsmethoden die Basketball-Bundesliga. Was fehlt, ist eine moderne Heimspielstätte

AUS LUDWIGSBURG FABIAN HECKENBERGER

Ratlos stand Alexander Reil im Vip-Raum der „Rundsporthalle“ und zuckte mit den Schultern. „Was soll man da noch sagen“, fragte der erste Vorsitzende der Ludwigsburger. Normalerweise findet er gern ein Haar in der Suppe, selbst nach Siegen seiner Mannschaft, doch am Samstagabend, nachdem Ludwigsburg das Derby gegen Aufsteiger Ulm mit 85:78 gewonnen hatte, sagte Reil nur: „Es gab Kleinigkeiten, die besser hätten laufen können, aber wenn ich in so einer Situation anfange zu kritisieren, mache ich mich ja lächerlich.“

Die Ludwigsburger Mannschaft hat den besten Saisonstart der Klubgeschichte hingelegt. Sieben Spiele, sieben Siege – seit dem zweiten Spieltag steht Ludwigsburg an der Spitze der Basketball-Bundesliga. Gießen und Quakenbrück fegte Ludwigsburg mit mehr als hundert Punkten aus der Halle. Nach dem Kantersieg gegen die 46ers sagte der Trainer Silvano Poropat euphorisch: „Das war das beste Spiel, das ich je erlebt habe“, und Reil ergänzt: „Was die Mannschaft derzeit bietet, sieht sehr gut aus.“ Ludwigsburg blickt von der Tabellenspitze auf Basketballdeutschland herab. Von außen betrachtet mag der Leistungssprung überraschen, doch wer die Entwicklung des Klubs kennt, wundert sich höchstens über das Ausmaß der Steigerung.

Seit dem Einzug ins Basketball-Oberhaus vor vier Jahren hat sich der Klub kontinuierlich weiterentwickelt. Die Basis dafür bildet der Sponsorenvertrag mit dem Energiekonzern EnBW. Der Kontrakt bringt dem Klub rund 700.000 Euro pro Saison ein. Das Geld bildet die Grundlage für eine solide und längerfristige Planung. In den ersten beiden Bundesliga-Jahren schaffte der Klub den Klassenerhalt, 2005 zog man als Achter in die Play-offs ein, ein Jahr später als Sechster. Ein Lieblingssatz von Alexander Reil lautet: „Wir haben nicht die Mittel wie die ganz großen Klubs. Um dieselbe Leistung zu bringen, müssen wir deswegen ungewöhnliche Wege gehen.“

Als einer der ersten Vereine der Liga engagierte der Klub in Markus Behles einen Mentalcoach. Noch heute sprechen sie im Vip-Raum in der Rundsporthalle zu vorgerückter Stunde davon, wie Behles die abstiegsgefährdete Mannschaft im Jahr 2004 vor dem letzten Spieltag über glühende Kohlen laufen ließ. Am Tag darauf gewann Ludwigsburg gegen Bamberg mit 81:63 und sicherte den Klassenerhalt. Dass die Franken da nur mit halber Kraft gespielt und sich schon für die bevorstehenden Play-offs geschont haben, lässt man gerne außen vor. Psychozauber, Fragebögen, um die Persönlichkeit der Spieler zu eruieren, oder wie in dieser Saison ein neu engagierter „Verletzungspräventionstrainer“ – Ludwigsburg geht immer wieder ungewöhnliche Wege, kommt mit diesen aber immer öfter vor der Konkurrenz ins Ziel. Doch der Verein stößt an seine Grenzen.

Die Rahmenbedingungen können nicht in dem Maße mitwachsen, wie sich der Klub sportlich entwickelt. So dominant die junge, von Jerry Green angeführte Truppe derzeit in der Liga auftritt, so langsam geht es im Klub mit der Planung einer größeren und schickeren Halle voran. In der Zuschauertabelle belegt Ludwigsburg seit Jahren den letzten oder vorletzten Platz. Das moderne und clevere Passspiel, das Poropat, der zweitjüngste Trainer der Liga, seinen Akteuren schon nach dem ersten Spiel dieser Saison eingeimpft hatte, wirkt fast zu modern für die alte und enge Rundsporthalle, die mit einem Fassungsvermögen von 3.000 Zuschauern nicht einmal die Sitzplatzstandards der Liga erfüllt. 2009 läuft die Sondergenehmigung der BBL aus. Dann muss Ludwigsburg spätestens umziehen. Nach jahrelanger Hängepartie entscheidet die Stadt Ende des Jahres über den Bau einer 6.000 Zuschauer fassenden Halle. 40 Millionen Euro soll sie kosten. „Ich atme erst durch, wenn der erste Spaten einsticht“, sagt Reil. Sollte das nicht stattfinden, wird der Klub wohl in die neue Porsche-Arena nach Stuttgart umziehen, die bisher noch keinen Regelspielbetrieb in ihrem Belegungsplan vorzuweisen hat.

Nicht nur wegen des sportlichen Höhenfluges würde die Betreibergesellschaft den Klub gern in der Stuttgarter Arena spielen sehen. Sie buhlt um die Gunst der Korbjäger, die mit jedem Sieg ein attraktiverer Geschäftspartner werden.