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Archiv-Artikel

Erstes Abschiedsspiel

Bielefelds Trainer Thomas von Heesen liebt seinen Job, will aber nicht sagen, wo er ihn demnächst ausüben wird

BIELEFELD taz ■ Das Bielefelder Maskottchen hatte den Jubler nicht gesehen. Arminias Stürmer Sibusiso Zuma hatte sich im Rücken der Kuh namens „Lohmann“ aufgehalten, als er derselben um den Hals fiel. Ein Ausdruck von Erleichterung. Während sich die Ostwestfalen zufrieden auf ihre Ehrenrunde begaben, trotteten die Kontrahenten aus Hamburg ratlos zu ihren leidgeprüften Anhängern.

Beim 1:1-Unentschieden hatte es den Anschein, als ob die Winterpause ausgefallen wäre. Wie schon beim Hinrundenende in Aachen verpassten die Hamburger kurz vor dem Abpfiff ihren zweiten Saisonsieg – die Bielefelder setzten mit einem Kraftakt ihre Vorliebe für Unentschieden fort. Es war ihr sechstes Remis in den vergangenen neun Spielen.

Dabei hatten beide Vereine eine Winterpause durchlebt, die ähnlich turbulent war wie eine CSU-Klausurtagung. In Bielefeld gab Thomas von Heesen nach monatelangem Hin und Her mit dem Vorstand bekannt, dass er die Ostwestfalen zum Saisonende verlassen wird. In Hamburg sagte der Vorstand, dass er trotz eindrucksvoller Erfolglosigkeit mit Thomas Doll die Abstiegsplätze bis zum Saisonende verlassen will.

Die spielfreie Zeit hatte das Gesicht beider Teams geändert. Marx, Kobylik und Masmanidis rückten in die Bielefelder Startelf, beim HSV durften die Langzeitverletzten Demel, Sorin und de Jong wieder mitwirken. Doch was folgte, kam Beobachtern bekannt vor: Trotz des glücklichen Führungstreffers durch Ljuboja zogen sich die Gäste weit zurück, derweil Bielefeld mit viel Kampf und einstudierten Spielzügen den Ausgleich zu erzwingen versuchte.

Dabei gingen die Ostwestfalen ein hohes Risiko ein, indem Trainer von Heesen mit Ahanfouf und Vata die Offensivkarte ausreizte. Doch die Hamburger nutzten die sich bietenden Freiräume im Mittelfeld nicht. In der 89. Minute war es dann ihrer obligatorischen Schwäche bei Standardsituationen geschuldet, dass der frei stehende Borges (“In meinem Horoskop stand, dass heute mein Glückstag ist“) zum umjubelten Ausgleich einköpfte. „Der Ball war 40 Meter in der Luft“, mokierte sich Doll, “das darf nicht passieren.“ Dabei hatten die Hamburger zuvor noch von der Bielefelder Abschlussschwäche profitiert. „Wir hatten vor dem Tor bereits 20, 25 Standardsituationen“, zählte Westermann auf, „davon war eine schlechter als die andere.“

Thomas von Heesen freute sich für den Torschützen: „Ich habe lange überlegt, ob es nicht zu früh ist, Borges zu bringen. Dass er uns schließlich den Punkt rettet, ist einer der Gründe, warum ich diesen Job so liebe.“ Wo die Jobliebe ihn hinführt? Harmoniesüchtige sollten von Heesen nicht mit Fragen konfrontieren, in denen die Worte „Dortmund, HSV“ und “Vertragsunterschrift“ vorkommen. Noch sei gar nichts unterzeichnet, grummelte von Heesen nach dem Spiel. Als aussichtsreichster Kandidat für seine Nachfolge gilt Bruno Labbadia.

Der anstehende Trainerwechsel hat in Bielefeld für Unruhe gesorgt. Da kam der glückliche Punkt vor dem Auswärtsspiel am Dienstag in Stuttgart gerade recht. „Vielleicht war es sogar eines der wichtigsten Tore der Saison“, mutmaßte Kapitän Mathias Hain, „gerade in unserer jetzigen Situation war dieses Tor Gold wert.“ ANDREAS BEUNE