: „Ich finde das äußerst amüsant“
GUTTENBERG-DISS Jetzt finden sich sogar Auszüge aus einer Erstsemesterarbeit unter den vom Verteidigungsminister abgekupferten Passagen. Der wahre Autor nimmt’s gelassen
■ 31, studierte von 2002 bis 2007 am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin Politik. Im ersten Semester schrieb er eine Hausarbeit, von der nun Teile im Guttenplag-Wiki aufgetaucht sind. Pentzlin ist bei der Umweltschutzorganisation „Friends of the Earth Europe“ in Brüssel tätig und kümmert sich dort um Corporate Accountability, also die ökologische und soziale Nachhaltigkeit von Firmen in den Produktionsländern. Ehrenamtlich ist er für den BUND aktiv.
IINTERVIEW FALK LÜKE
taz: Herr Pentzlin, offenbar hat Karl-Theodor zu Guttenberg aus Ihrer Arbeit zum Einführungsseminar für seine Dissertation zitiert. Wie haben Sie überhaupt davon erfahren, dass Sie kopiert wurden?
Daniel Pentzlin: Meine Ex-Freundin hat mir am Wochenende eine SMS geschrieben, in deutschen Medien ist Guttenberg ja omnipräsent. Und auch bei den deutschen Expats in Brüssel ist sie in aller Munde. Ich hätte natürlich in keiner Weise gedacht, dass das etwas mit mir zu tun haben könnte. Als sich das jetzt rausstellte, fand ich das zunächst einmal äußerst amüsant.
Wie war das damals, als Sie die Arbeit schrieben? Wie kam sie zustande?
Ich erinnere mich daran, dass ich, während ich damals diese Erstsemesterarbeit schrieb, sehr fasziniert war von einer Rede des damaligen EU-Botschafters in den USA – die ich auch zitiert habe (lacht). Ich hab mich sicherlich an diese Rede angelehnt, vielleicht hat Guttenberg ja auch diese Rede gesehen und benutzt.
Ihr Professor hat die Arbeit danach anonymisiert als positives Beispiel im Netz veröffentlicht …
Ja, und ich habe die Arbeit, die online steht, noch einmal mit meiner Arbeit verglichen – er hat daran nichts verändert, bevor er sie ins Netz gestellt hat.
Würden Sie die Arbeit heute noch genau so wie damals im ersten Semester schreiben?
Ich bin damals mit einem sehr hohen Anspruch an diese Arbeit herangegangen, und da es meine erste Hausarbeit im Fach Politikwissenschaft war, hatte ich auch Angst, den Anforderungen dieses Faches nicht gerecht zu werden. Ich hab sehr viel Zeit aufgebracht, sehr viel dafür gelesen und es lässt sich sicher nachprüfen, dass ich mich sehr intensiv mit meinen Quellen beschäftigt habe. Soweit ich mich erinnere, hab ich mich in der Struktur sehr an die Rede des EU-Botschafters angelehnt. Ich würde heute aber freier schreiben und mir weniger Druck beim Verfassen machen.
Macht es einen Politikwissenschaftler stolz, wenn die Einführungsseminararbeit offenbar schon auf dem Niveau einer juristischen Dissertation mit „summa cum laude“ lag?
Ich danke Herrn Dr. Guttenberg für die Gelegenheit, die Qualität und Bedeutung der Sozialwissenschaften einem so breiten Publikum als ernstzunehmende Wissenschaft zu präsentieren. Ich hab mich als Politikwissenschaftler vorerst nicht für eine wissenschaftliche Karriere entschieden und kann in meinem beruflichen Alltag in Brüssel das Gelernte bestens einsetzen.
Selbst haben Sie ja bislang nicht promoviert. Warum?
DANIEL PENTZLIN
Ich denke, dass es Sinn macht, als Politikwissenschaftler den Politikalltag lebenspraktisch zu erfahren. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, nochmal in den Wissenschaftsbetrieb zu gehen, auch mit der praktischen Erfahrung, die ich gesammelt habe. Ob das mit einer Doktorarbeit verknüpft ist oder nicht, spielt dabei für mich keine Rolle.
Und sind Sie so gar nicht sauer auf den Kopisten?
Nö, überhaupt nicht. Ich denke, das ist eine amüsante Geschichte, die ich gut bei einem Bier mit Kollegen oder einem Wein bei Familie oder Freunden erzählen kann.
Haben Sie selbst im Studium eigentlich auch einmal „den Guttenberg“ gemacht?
Nicht, dass ich mich erinnern könnte. O. k., ich revidiere das ein bisschen: Ich habe in all meinen Hauptstudiumsarbeiten einen bestimmten Absatz – selbstgeschrieben – eingebaut. Aber das ist ja nicht verboten.