Hessens Grüne: Union wollte Stimmen kaufen

Hessens Union wollte Wählergemeinschaften Staatsgelder verschaffen, wenn diese nicht im Land gegen sie antreten

FRANKFURT taz ■ Hat die hessische Union versucht, freie Wählergemeinschaften zu bestechen, damit diese ihr bei den Landtagswahlen keine WählerInnen abspenstig machen? Das behauptete der Landesvorsitzende der Freien Wählergemeinschaften (FWG), Thomas Braun, auf deren Delegiertenkonferenz am vergangenen Sonnabend in Groß-Gerau. Die CDU habe den Freien Wählern rückwirkend für die Kommunalwahl im März 2006 einen Euro für jede Wählerstimme als Wahlkampfkostenrückerstattung in Aussicht gestellt, falls die FWG nicht zur Landtagswahl 2008 antrete, so Braun. Bei den Kommunalwahlen hatten die Freien Wählergemeinschaften 5,8 Prozent der Stimmen erzielt; andere Gruppierungen, wie etwa die undogmatische Liste „Rüssel“ in Rüsselsheim, kamen hessenweit auf 2,7 Prozent.

Genutzt hat der mutmaßliche „versuchte Stimmenkauf“, so die Bündnisgrünen gestern spitz, der Union nichts. Die Freien Wähler beschlossen, an den Landtagswahlen 2008 teilzunehmen. Gestern nun bestritt der Generalsekretär der hessischen Union, Michael Boddenberg, vehement, den Freien Wählern ein unmoralisches Angebot gemacht zu haben. Der Vorwurf sei „falsch, absolut haltlos und ungehörig“, so Boddenberg. Die Freien Wähler hätten aus sich heraus um öffentliche Zuschüsse gebeten, da sie als rein kommunalpolitische Kraft keinen Anspruch auf staatliche Teilkostenerstattung ihrer Wahlkampfaufwendungen haben.

Im Innenministerium sei dann ein entsprechender Gesetzentwurf erarbeitet worden, der vorsah, allen kommunalpolitischen Gruppierungen, die ausschließlich in Städten und Gemeinden aktiv sind, öffentliche Zuschüsse zu gewähren. Nur darüber habe es auch Gespräche des Landesvorstands der CDU mit den FWG gegeben, an denen auch Ministerpräsident Roland Koch (CDU) beteiligt gewesen sei. Da die Freien Wähler jetzt aber beschlossen hätten, wie eine ganz normale Partei auch zur Landtagswahl anzutreten, sei der Gesetzentwurf aus dem Hause Volker Bouffier (CDU), „ohnehin obsolet geworden“. Denn dann stehe der FWG ja die übliche Wahlkampfkostenerstattung zu.

Die Bündnisgrünen haben Koch gestern zehn Fragen zum Komplex gestellt, die der Ministerpräsident bis morgen zu beantworten habe. Zudem werde der Gesetzentwurf keineswegs sinnlos, so Fraktionschef Tarek Al Wazir. Schließlich gebe es auch noch andere unabhängige kommunalpolitische Kräfte, die davon profitieren könnten.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT