: „Was hinter die Löffel?“
■ Wenn Autofahrer und Fußgänger auf der Straße zu sehr aneinandergeraten
So sollen sie sein, vor Gericht gebrachte Autofahrer: Geläutert, reuevoll, fast demütig. Genauso trat gestern der 60jährige Eckhardt G. auf. Dem Polizeibeamten im Ruhestand wurde zur Last gelegt, die Schülerin Bianca B. mit seinem Wagen derart bedrängt zu haben, daß sie sich nur durch einen Sprung in Sicherheit bringen konnte. Zudem soll er sie hernach beschimpft und geschlagen haben.
Bianca B. (17) hatte nach Schulschluß die Angerstraße – eine schmale Sackgasse – in Hohenfelde überqueren wollen. Wie ihre MitschülerInnen auch wurde sie des herannahenden Fahrzeuges gewahr. Während diese aber am Straßenrand stehenblieben, entschloß sie sich, die Straße noch schnell zu überqueren. Nach ihren Angaben beschleunigte der herannahende Wagen nun; G. hingegen beteuerte, sofort vom Gas gegangen zu sein. Letztlich kam der Wagen kurz vor Bianca B. zu stehen.
Furchtbar erschrocken sei er gewesen, gab Eckhardt G. an. Er habe kurze Zeit im Wagen gesessen und dann beschlossen: „Eigentlich müßtest du jetzt doch mit der reden“, weshalb er ausgestiegen sei. Allein, das Reden klappte nicht so gut. Dem patzigen Hinweis der Schülerin, daß er sich auf keiner Rennstrecke befände, begegnete Eckhardt G. mit der eher rhetorischen Frage, ob sie „was hinter die Löffel“ wolle, was er sogleich mit der flachen Hand selbst beantwortete.
Der Angeklagte müsse „ja gewaltig zugelangt“ haben, stellte der Staatsanwalt nüchtern fest, nachdem die Geschädigte vom ärztlich attestierten Schleudertrauma sowie einer Kieferprellung infolge des Schlages berichtet hatte. Zudem habe sie knapp vier Wochen eine Halskrause tragen müssen.
G. bedauerte seinen Ausfall in aller Form und entschuldigte sich bei seinem Opfer. Das reichte aber nicht ganz aus: Erst gegen eine Geldbuße von 6000 Mark – 1000 Mark an die Geschädigte, 5000 an die Alsterdorfer Anstalten – wurde das Verfahren eingestellt.
Ohne den Schlag ins Gesicht hätte es keinen Prozeß gegeben – unmotorisierte VerkehrsteilnehmerInnen zu bedrängen, gehört auf Hamburgs Straßen ja zur Tagesordnung. Jesco Denzel
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