„GAU für jede Solidaritäts-Arbeit“

■ Verhaftung zweier angeblicher AIZ-Mitglieder stellt die linksradikale Hamburger Solidaritätsbewegung auf die Probe

Solidarisieren oder abgrenzen? Die Festnahme zweier angeblicher Mitglieder der Antiimperialistischen Zelle (AIZ) in Witzhave – darunter der Rellinger Michael S.(29) – stellt Hamburgs linksradikale Szene auf die Probe. Das ist „der GAU für jede Solidaritäts-Arbeit“ befürchtet etwa ein Rot-Florist.

Der Grund: Selbst im linksradikalen Spektrum ist die Antiimperialistische Zelle (AIZ) weitgehend isoliert. So wünschen sich etwa einige RedakteurInnen des Rote-Flora-Sprachrohrs „Zeck“ in der aktuellen Ausgabe unverhohlen, „die AIZ würde genauso unvermittelt wieder von der politischen Bühne verschwinden, wie sie aufgetaucht war“.

Bereits im vergangenen Jahr brachen nach der bundesweiten Großrazzia gegen vermeintliche Linksterroristen Anfang Juni, die sich in Hamburg auch gegen vier angebliche UnterstützerInnen und Mitglieder der AIZ richtete, heftige Kontroversen über die AIZ aus. Nur mit Mühe konnte die linke Solidaritätsbewegung für die von der Razzia Betroffenen verhindern, daß die Kardinalfrage – „Wie hälst Du's mit der AIZ?“ – sie an den Rand einer Spaltung brachte. Doch die Kritik an den „Enkeln der RAF“ (MoPo) verstummte nicht.

So wird der AIZ in der aktuellen „Zeck“-Ausgabe vorgeworfen, sie „denunziere jegliche emanzipativen Ansätze der Neuen Linken“ und betreibe eine „Politik ohne Utopie“. Die Vereinigung, die die „Schärfe und Schönheit des Islam als revolutionäre Waffe“ und das „einfache und gerechte Leben“ anpreist, propagiere völlig unpolitische, „religiöse Heilsvorstellungen“.

Die „Zeck“ wie auch die verbotene „radikal“ kritisieren unisono das Militanz-Konzept der AIZ, nach dem „potentiell tödliche Aktionen“ notwendig seien, um „Druck auf die Eliten auszuüben“. „Beliebig“ seien die gewaltsamen „AIZ-Aktionen gegen dritt- und viertrangige Vertreter irgendwelcher imperialistischer Fraktionen/Eliten“, heißt es etwa in der neuesten „radikal“. Besonders die AIZ-Strategie, „die Verletzung oder Tötung der angegriffenen Personen, aber auch Unbeteiligter, quasi dem Zufall zu überlassen“ beweise – so die radikal – „ein Verhältnis zum Töten, wie es für Linke nicht möglich ist“.

Trotz aller Kritik an Theorie und Praxis der AIZ lehnte es die Hamburger Soligruppe aber in der Vergangenheit ab, „eine grundlegende Distanzierung und Kritik an der AIZ zur notwendigen Bedingung einer Solidarität zu machen“. Denn eine Abgrenzung würde als „vorauseilender Gehorsam“ der Bundesanwaltschaft nur „in die Hände arbeiten“.

Marco Carini

Siehe auch Berichte Seite 3