piwik no script img

Wo ist das Problem?

■ betr.: „CDUler wollen Enkel ein bürgern“, taz vom 8.8. 96 und „Die Politpalaverschickeria“, taz v. 10.8. 96

Das Problem mit der doppelten Staatsbürgerschaft ist, daß es kein Problem gibt. Oder doch? Was genau würde passieren, wenn auf einmal Hunderttausende von Doppelbürgern unter uns leben? Welche Argumente sprechen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft? Da wird der konsularische Schutz im Ausland vorgebracht, der problematisch sei bei Personen mit zwei Pässen, außerdem gebe es Rechtsunsicherheiten im internationalen Privatrecht und unter Umständen Konflikte bei der Wehrpflicht. Diese Argumente sind fadenscheinig: Bei Problemen im Ausland wendet man sich an eine (von zwei möglichen Botschaften oder Konsulaten. Was das Privatrecht oder die Wehrpflicht angeht, werden im Rahmen zwischenstaatlicher Vereinbarungen Lösungen geschaffen. Derartige Vereinbarungen zwischen Regierungen garantieren ja auch längst, daß jemand, der in zwei Ländern arbeitet oder Kapital besitzt, in einem, aber eben nicht in beiden Ländern besteuert wird.

Demgegenüber sollten wir uns den Schaden durch Versagen der doppelten Staatsbürgerschaft vor Augen führen. Wer will, daß sich alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen an dem gemeinsamen Projekt, das ein Staat immer darstellt, beteiligen, muß sie voll daran mitwirken lassen. Die Aufgabe der Herkunftsstaatsbürgerschaft darf da kein Hindernis sein. Warum nicht? Weil es unmenschlich ist, von Menschen, die zwei Kulturen in sich tragen, die Lebenslüge abzuverlangen, sich rechtlich nur zu einer zu bekennen. [...]

Bereiten wir diesem Spuk ein Ende, das er längst verdient hat: Die Anerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft ist, wie andere Länder längst bewiesen haben, so unproblematisch, daß niemand etwas zu befürchten hat und wir uns danach wichtigeren Themen zuwenden können. per e-Mail Carsten Quell, Toronto

Über sieben Millionen Nichtdeutsche leben in der Bundesrepublik, wovon 440.000 in Berlin ihren Lebensmittelpunkt haben. Es gibt viele Diskussionen über die Frage, wie sie am besten in diese Gesellschaft integriert werden können. Gerade unter den ImmigrantInnen ist dabei unstrittig, daß vor allem die Einbürgerungsbedingungen erleichtert werden sollten und die doppelte Staatsbürgerschaft wünschenswert wäre. Nun hat die Diskussion um die Einbürgerung endlich auch die Unionsparteien erfaßt. Dies kann nur begrüßt werden.

Unsere Arbeitsrichtung ist zweigleisig: Zum einen gilt es, auf den Gesetzgeber nachhaltigen Druck auszuüben und für unsere politischen Ziele Mehrheiten zustande zu bringen. Zum anderen ist es unerläßlich geworden, zugleich auch den politischen Druck auf die Regierungsparteien zu erhöhen, u.a. auch durch das Werben für die gegenwärtig bestehenden Möglichkeiten zur Einbürgerung, denn die „Eingebürgerten“ und die potentiell Einbürgerungswilligen zwingen die Parteien zum Handeln. Meines Erachtens ist darauf auch die gegenwärtige Aktivität innerhalb der CDU zurückzuführen. Riza Baran, MdA, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen