: „Totaler Umbruch“ führt ins Finale
■ Morgen spielen die Fußballerinnen des DFB gegen Italien um den EM-Titel
Karlstad/Lilleström (dpa/taz) – Egidius Braun schmunzelte zufrieden und etwas verlegen. „Jetzt wird es langsam peinlich“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), nachdem die deutschen Frauen bei der 7. Europameisterschaft in Norwegen/ Schweden in Karlstad erneut ins Finale eingezogen sind, wo sie morgen (16 Uhr) im Ullevaal-Stadion von Oslo gegen Italien, das im zweiten Halbfinale mit 2:1 gegen Spanien gewann, nach dem vierten Titel greifen. Gelingt auch dieser Coup, wären die Frauen den männlichen Kollegen, die im Vorjahr den dritten EM-Titel gewannen, wieder einmal ein kleines Stückchen voraus.
Zwar war Braun nicht Augenzeuge des 1:0 über Gastgeber Schweden in Karlstad, sondern mußte aufgrund einer etwas merkwürdigen Reiseplanung Vorlieb nehmen mit der zweiten Partie am Abend zwischen Italien und Spanien in Lilleström, aber der DFB- Chef war gut im Bilde. „Die erste Halbzeit habe ich mir noch am Frankfurter Flughafen angesehen und der norwegische Präsident hat mich nach meiner Ankunft natürlich sofort über den Ausgang informiert.“ Das herrliche Siegestor (85.) der nach der Pause überragenden Bettina Wiegmann, ein überlegter Schlenzer aus rund 15 Metern, hatte Braun auf dem Weg nach Oslo aber verpaßt.
Dennoch steht das Urteil des DFB-Bosses schon vor dem Endspiel fest: „Es ist hervorragend, was unsere junge Mannschaft erreicht hat.“ Er wäre nicht einmal enttäuscht gewesen, wenn die Elf das Finale verpaßt hätte, weil „es nach Atlanta im deutschen Frauenfußball doch den totalen Umbruch gab“. In der DFB-Elf ist ihm eine Spielerin besonders aufgefallen: „Diese Steffi Jones, der Bewegungsablauf, das Auge, das gute Stellungsspiel und die gefährlichen Vorstöße – als ob ich den jungen Franz Beckenbauer sehe“, so Braun beeindruckt über die 24jährige Abwehrchefin. Da war er sich einig mit der verletzten Spielführerin Martina Voss: „Steffi ist in der Form ihres Lebens.“
Wer nun aber glaubt, der DFB würde im Fall des Titelgewinnes tief in die Tasche greifen und die Fußball-Frauen reich belohnen, der irrt. „Nur die bekommen etwas, die Geld einspielen“, so der DFB-Boß unbarmherzig. Und Frauenfußball ist ein Zuschußgeschäft. „Ich bin froh, daß die Uefa hier zwei Millionen Mark hineinsteckt. Sonst hätte sich wohl kein Ausrichter gefunden.“ Es gibt eben doch Unterschiede zum Männerfußball, wo sich die Länder nur so reißen um die Austragung der gewinnträchtigen Großturniere, was sich nach Brauns Überzeugung auch nicht ändern wird: „Die Entwicklung im Frauenfußball ist sehr positiv, aber er wird nie so attraktiv sein wie Männerfußball.“
Der DFB zwackt für die Frauen jährlich zwei Millionen Mark ab. „Wir können uns nicht beklagen“, sagt Tina Theune-Meyer, die „stolz auf mein Team“ ist und nun die Früchte ihrer Arbeit ernten will. „Mit Italien haben wir eine Rechnung offen. Beim 1:1 im Gruppenspiel haben sie uns das Leben schwer gemacht“, so die Cheftrainerin, „jetzt wollen wir den Titel.“ Vielleicht schafft es ja sogar Egidius Braun zum Endspiel.
Deutschland: Rottenberg – Jones – Stegemann, Fitschen, Minnert – Wunderlich, Meinert (90. Bingst), Wiegmann, Becher – Prinz, Smisek (46. Meyer)
Zuschauer: 5.000; Tor: 0:1 Wiegmann (85.)
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