Konfrontation nach Kongos Wahl

Nach der Bestätigung des Wahlsiegs von Präsident Joseph Kabila im Kongo schreckt ein massives Militäraufgebot in der Hauptstadt Proteste ab. Nur vereinzelt demonstrieren Bemba-Anhänger. Bemba weist Wahlniederlage zurück

AUS KINSHASA ILONA EVELEENS

Enttäuschte Anhänger von Jean-Pierre Bemba bewerfen Autos mit Steinen. Sie zwingen Passagiere von Autobussen, auszusteigen. Die Polizei vertreibt die jungen Männer mit Schlagstöcken. In der Nähe des Büros von Bemba, dessen Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen vom 29. Oktober am Mittwochabend offiziell bestätigt wurde, war es gestern früh unruhig. „Die Demonstranten wollen den Autoverkehr unterbinden, damit Kinshasa eine ‚tote Stadt‘ wird. Sie trauern über die Niederlage, und jetzt wollen sie, dass jeder trauert“, meint Primo Kaombe. Er ist auch Bemba-Anhänger, aber er ist mit den Protesten nicht einverstanden: „Das ist keine gute Idee, weil es unserem Führer und unserer Partei MLC einen schlechten Ruf gibt.“

Präsident Joseph Kabila hat 58 Prozent der Stimmen gewonnen, erklärte die Wahlkommission am Mittwochabend und rief ihn zum Sieger aus. Schon wenig später schwärmten UN-Blauhelmsoldaten in Kongos Hauptstadt Kinshasa aus. Die EU-Eingreiftruppe Eufor patrouilliert, auch kongolesische Soldaten mit roten Baretten, wie sie Kabilas Präsidialgarde trägt, sind im Stadtzentrum aufgetaucht.

Die meisten Geschäfte und Büros sind geschlossen. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen haben den Fluss Kongo überquert und warten in Brazzaville, der Hauptstadt des Nachbarlandes Kongo-Brazzaville, die Entwicklungen ab. „Die Machtdemonstration von UNO, Eufor, Polizei und Armee wird Menschen davon abhalten, massenhaft zu demonstrieren“, meint Albert Katasko, ein älterer Bemba-Anhänger. „Aber es würde mich nicht wundern, wenn in ein paar Wochen der Hass gegen Kabila zum Ausdruck kommt und es nicht bei nur Steinen bleibt.“ Jean-Pierre Bemba ist in Kinshasa viel populärer als Kabila, der seine Basis vor allem im Osten von Kongo hat. Bemba und seine Anhänger sind überzeugt, dass Kabila nur durch Schummeln gewonnen hat. Gestern Abend wies er in einer von seinem Sprecher verbreiteten Erklärung die Wahlergebnisse zurück. Er sei „überrascht“ über die Proklamation durch die Wahlkommission, weil diese nicht wie vereinbart vorab die beiden Kandidaten informiert und auch noch nicht auf alle seine Einsprüche reagiert habe. „Leider muss ich dem Volk und der internationalen Gemeinschaft sagen, dass ich diese Ergebnisse, die die Wahrheit der Wahlurnen nicht widerspiegeln, nicht annehmen kann“, so Bemba weiter. „Ich verpflichte mich, alle legalen Mittel anzuwenden, um dem Volkswillen Respekt zu verschaffen.“

Die Chancen auf eine Verständigung werden als gering eingeschätzt. „Der Sieger nimmt alles“, meint ein hoher UN-Berater in Kinshasa. „Kabila wird Bemba nicht die Chance geben, eine richtige Opposition zu führen. Der Verlierer hat aber immerhin 42 Prozent. Und ohne richtige Opposition sind die ersten demokratischen Wahlen weggeschmissenes Geld, weil die Chancen auf demokratische Wahlen in fünf Jahren damit schon untergraben sind.“ Ein anderer ausländischer Beobachter warnt: „Die einflussreichste Clique um Präsident Kabila besteht aus Militärs. Die glauben, dass es nach einem Kampf einen Sieger gibt und einen toten Verlierer.“

Am 10. Dezember wird Joseph Kabila als Präsident vereidigt. Bis dahin muss klar werden, dass Kongos Zukunft ohne Gewalt aufgebaut wird. Einwohner von Kinshasa fürchten aber das Schlimmste. Claudette Orocha hat Kabila gewählt und feiert. „Aber nur heute. Morgen mache ich mir wieder Sorgen. Bis zum 10. Dezember gehe ich noch nicht ruhig schlafen.“