Der Künstlerseele rechnen helfen

MUSIKWIRTSCHAFT Wie man als Popmusiker an öffentliche Gelder rankommt, scheint den Musiknachwuchs zu interessieren wie nichts sonst. Ein Besuch im „Music Pool“, der Workshops und Beratungen anbietet

■ Wer: Der Music Pool Berlin ist eine Kooperation von All2gethernow, Noisy Academy und der Berliner Clubcommission.

■ Wie: Zur Einführung empfiehlt sich das kostenlose, einstündige Orientierungsgespräch.

■ Wo: Music Pool Berlin, in der Noisy Academy in der Warschauer Str. 70 A/1. HH in Friedrichshain.

VON ANDREAS HARTMANN

Du machst elektronische Musik und möchtest nun endlich durchstarten? Wer sich in Berlin mit genau dieser Frage beschäftigt – und nicht wenige tun das in der Welthauptstadt der DJs –, für den ist die Fachberatung zugeschnitten, die Daniel W. Best – natürlich selber DJ – in den Räumlichkeiten der Noisy Academy in Friedrichshain anbietet.

Daniel W. Best ist einer der Experten und Tutoren des seit Anfang dieses Jahres eingerichteten „Music Pool Berlin“, die ihr Wissen gegen eine ziemlich bescheidene Gebühr an Nachwuchsmusiker weitergeben. Der „Music Pool“ ist eine Art Zweigstelle des Musicboard Berlin und wird somit zu großen Teilen vom Senat finanziert, weswegen die Beratungen so billig gehalten werden können. Ein einstündiges Orientierungsgespräch, das angeboten wird, gibt es sogar ganz kostenlos.

Ungeliebter Kram

Band nimmt Demo auf, verschickt dieses an Plattenfirma, Plattenfirma finanziert der Band das erste Album und schon winken Geld und Ruhm ohne Ende – so läuft das bekanntlich heutzutage nicht mehr in der Popmusikbranche. Musiker müssen vielmehr selber wie kleine Unternehmer fungieren, die sozialen Netzwerke bedienen und durchaus auch prüfen, ob ein Vertrag mit einer Plattenfirma für sie überhaupt noch Sinn macht oder ob es günstiger ist, die Musik einfach selbst übers Netz anzubieten. Juristisches und betriebswirtschaftliches Grundwissen ist fast schon obligatorisch auch für jemanden, der eigentlich nur in einer Heavy-Metal-Band tätig sein will.

Sich mit all diesen Dingen auseinanderzusetzen, das kann richtig Arbeit sein, erst recht für eine Künstlerseele. Eric Eitel, einer der Mitbetreiber des „Music Pool“, weiß dann auch: „Wir bieten Kram an, auf den Musiker normalerweise keinen Bock haben.“ Wobei man die Definition von „Kram“ ziemlich dehnen kann. Sie reicht von einer simplen Rechtsberatung bis hin zu einer, so formuliert das Sebastian Hoffmann, der mit zum „Music Pool“-Team gehört: „Beratung für Expats“. Damit ist gemeint: „Da erklärt man auch einfach mal einem Neuberliner, wie man sich beim Amt anmeldet.“

Kennzeichnend für die Tutoren des „Music Pool“ sei, da sind sich Eric Eitel und Sebastian Hoffmann einig, dass diese keine volksmusikhörenden Juristen in Anzug und Schlips seien, sondern „Leute aus der Szene“.

Sebastian Hoffmann selbst beispielsweise ist eigentlich Konzertveranstalter in Berlin, der für seine eigenen Events immer wieder Förderungen bekommt. Wenn so einer aus dem Nähkästchen plaudert, dann redet er nicht nur von grauer Theorie, sondern von seiner alltäglichen Praxis. Seine Art Wissen ist beim „Music Pool“ sowieso gefragt, denn wie man als Popmusiker an öffentliche Gelder rankommt, das scheint den Musiknachwuchs zu interessieren wie nichts sonst. Der erfolgreichste Workshop bislang, sagt Eric Eitel, sei der über „Musikförderung in Deutschland“.

Musiker müssen heute selber wie kleine Unternehmer fungieren, Netzwerke bedienen

Dass der „Music Pool Berlin“ in den Räumlichkeiten der Noisy Acadamy sitzt, ist netzwerktechnisch natürlich eine Meisterleistung. Die Academy bietet Proberäume für Bands an, verleiht Musikequipment und bietet Musikunterricht und Schulungen zur Handhabung diverser Musikersoftware an. Die Studenten der Academy bilden genau die Klientel, die Fragen zur Gema haben könnte, zu Crowdfunding oder auch danach, wie genau man eine Förderung beantragt, die der „Music Pool“ zu beantworten verspricht.

Mario Graute ist zwar auch Musiker, aber kein Schüler der Noisy Academy. Er ist vor allem ein halber Profi als Konzertveranstalter, will aber noch besser in der hiesigen Musikszene Fuß fassen. Hat er Fragen rund um das Business, fühle er sich, so erklärt er bei einem Gespräch in der Lounge der Noisy Academy, beim „Music Pool“ gut aufgehoben. Heute nimmt er an dem Workshop „Berufe in der Musikwirtschaft“ teil. Er sagt, er lerne bei derartigen Veranstaltungen immer noch dazu und er schätze die gebotene Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten weiter vernetzen zu können. Außerdem sei der Unkostenbeitrag für die Workshops wahnsinnig gering.

Vielleicht hilft ihm der Workshop auch, die Karriere seiner eigenen Postrockband Zeitlupe voranzubringen. Die hat bislang nur 289 Likes auf Facebook. Da gibt es doch bestimmt Tricks, wie man diese Zahl erhöhen könnte.