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Gefährliches gelb

Das Buch „Sexarbeit“, das im Bremer Verlag Edition Temmen erschienen ist, hat den Wettbewerb „Die schönsten deutschen Bücher 2006“ der Stiftung Buchkunst gewonnen. Die Ausstellung zum Wettbewerb ist derzeit in Hamburg und Bremen zu sehen

Man darf sich einen geräumigen Raum vorstellen, einen, in dem es auch viel Auslagefläche gibt. Einmal im Jahr tragen die Leute von der Stiftung Buchkunst in Frankfurt fabrikneue Bücher in diesen Raum. Es sind Bücher aller Genres: Kinderbücher, Sachbücher, Bücher, die für die Freizeitlektüre am Strand gemacht sind und solche, die sich an bibliophile Käufer wenden mit Sinn für Material und Verarbeitung. Vergangenen Herbst lagen 942 Bücher im Sitzungszimmer der Stiftung, und dann kamen die Jurys: Eine für die Vorauswahl und eine, um die schönsten deutschen Bücher 2006 zu küren.

Vier Tage brauchte die zweite Jury, dann stand fest: Das schönste Buch 2006 ist das Sachbuch „Sexarbeit“, es wurde herausgegeben von Elisabeth von Dücker und erschien im Bremer Verlag Edition Temmen. Konzipiert wurde das Buch zur Ausstellung „Sexarbeit“, die Ende 2005 im Hamburger Museum für Arbeit eröffnet worden war. Aktuell in der Hamburger Zentralbibliothek und in der Bremer Buchhandlung Liebricht gibt es nun eine Ausstellung mit den „schönsten deutschen Büchern 2006“: Die Schau zeigt die 57 prämierten Bücher des Wettbewerbs und geht anschließend auf Tour.

Inhaltlich beleuchtet „Sexarbeit“ in mehr als 100 Beiträgen die Prostitution in ihren verschiedenen Facetten und ihrem Spannungsverhältnis zwischen anerkanntem Dienstleistungsgewerbe und gesellschaftlicher Stigmatisierung. Dabei kommen auf den 344 Seiten nicht nur WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen zu Wort, sondern auch weibliche und männliche Prostituierte. Außerdem lebt das Buch von seinen insgesamt 374 Abbildungen: Da treffen dokumentarische Fotos vom Strich auf Werbeplakate, Ausrissen von Zeitungsartikeln, Karikaturen, Postkarten, Briefen und Abbildungen von Rotlicht-Accessoires. Es geht optisch wild durcheinander.

Trotzdem gelinge es, die Textmenge „spielerisch mit einer eindrucksvollen Visualisierung zu verbinden“, sagt Jury-Mitglied Joachim Düster vom Rowohlt-Verlag. „Die gelbe Signalfarbe auf dem Einband war seit Jahrhunderten die Farbe der Ausgegrenzten und ermöglicht mit der kräftigen Schrift und dem Schwarz-gelb-Kontrast sofort einen inhaltlichen Einstieg.“ Im Innenteil des Buches wird die Farbe Pink eingeführt. Düster: „Die verwendeten Farbkontraste Gelb und Pink sorgen für Aufmerksamkeit und Abgrenzung.“

Auf Platz Zwei hinter „Sexarbeit“ schaffte es Stanislaw Lems Kriminalroman „Der Schnupfen“ in der Ausgabe der Büchergilde Gutenberg, den dritten Preis teilen sich „Janet Cardiff. The walk book“ aus dem Verlag der Kölner Buchhandlung Walther König und das Fotobuch „Moksha“, erschienen im Göttinger Steidl Verlag. Dieses zeigt Bilder des Fotografen Fazal Sheikh, der sich mit dem Schicksal indischer Witwen auseinander gesetzt hat. Die Jury lobte die „sensible Stimmung“ in einem „zurückhaltenden, aber spannungsvollen Gesamtlayout“. kli

Ausstellung der Bücher bis 24. 2. in der Hamburger Zentralbibliothek und bis 3. 3. in der Bremer Buchhandlung Liebricht. Weitere Termine: 2. 3. bis 30. 3. Stadtbücherei Norderstedt; 11. 4. bis 12. 5. Landesbibliothek Oldenburg

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