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Archiv-Artikel

Häfen dürfen wählerisch sein

ATOMTRANSPORTE Eine „Teilentwidmung“ der bremischen Häfen ist zulässig, sagt ein Rechtsgutachten der Linkspartei - ohne Schadenersatzansprüche der Atomindustrie

Von Christian Jakob

Bremen hat das Recht, Atomfracht aus seinen Häfen zu verbannen. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens, dass die Kanzlei Göhmann im Auftrag der Linksfraktion erstellt hat. Demnach kann die Bürgerschaft das Hafenbetriebsgesetz dahingehend ändern, dass radioaktives Material in Zukunft nicht mehr verladen werden darf.

„Häfen sind Ländersache“, sagte der Anwalt Rainer Kulenkampff. „Es ist zulässig, bestimmte Stoffe vom Verkehr auszuschließen.“ Nötig sei dafür eine Gesetzesänderung. „Das einzige Problem dabei ist eine Kollision mit der Warenverkehrsfreiheit des EU-Rechts.“ Es sei nicht auszuschließen, dass Atomfirmen versuchen könnten, mit Verweis hierauf Schadenersatz geltend zu machen, wenn bremische Häfen sie nicht mehr bedienen, so Kulenkampff. Doch solche Klagen hätten keinen Erfolg, wenn Bremen nachweisen könne, dass durch den Transport radioaktiver Fracht ein Gesundheitsrisiko entstehe. „Dann ist es erlaubt, die Warenverkehrsfreiheit zu beschränken“, sagte Kulenkampff.

Linken-Fraktionschef Rupp wies darauf hin, dass Bremen eine wichtige internationale Drehscheibe für radioaktives Material sei. Viele der über 100 Transporte im Jahr seien dabei keine Brennstäbe, sondern kristallines Uranhexafluorid. Komme dies mit Sauerstoff in Berührung, entstehe sogenannte Flussäure. „Das ist so ziemlich die aggressivste Substanz, die es gibt,“ sagte Rupp. Städte wie Lübeck oder Rostock hätten Atomfracht bereits von ihren Häfen verbannt. „Die Landesregierung muss hier eine Gesetzesänderung einleiten.“

Seit Anfang des Jahres tagt eine senatorische Arbeitsgruppe, die sich ebenfalls mit der Frage der Entwidmung der Häfen befasst. Sie ist aber noch zu keinem offiziellen Ergebnis gekommen.

Vertretern des Bremer Klimaplenums war diese Herangehensweise zu legalistisch. „Atomtransporte sind eine politische und keine juristische Frage“, sagte ein Sprecher des Bündnisses. „Parteipolitik kann hier nichts bewerkstelligen.“ Dies könne „nur zivilgesellschaftlicher Druck, den wir aufbauen können und müssen.“ Ziel müsse es sein, Atomtransporte „auf der Straße unmöglich zu machen.“

Der nächste besonders strittige Brennstab-Transport steht 2012 an: Dann sollen wieder Brennstäbe aus der britischen Atomanlage Sellafield ins westfälische Grohnde transportiert werden. „Bis dahin könnte man das Hafengesetz problemlos ändern“, sagte der Linke-Abgeordnete Peter Erlanson.