Geld gegen rechts in neuen Händen

Regierung stockt Mittel gegen Rechtsextremismus auf, überlässt die Verteilung aber größtenteils den Kommunen

BERLIN taz ■ Die Initiativen gegen Rechtsextremismus dürfen sich freuen – aber nur dem ersten Anschein nach. Nicht weniger, sondern mehr Geld will die Bundesregierung künftig für Projekte gegen Rechtsextremismus ausgeben. Für das neue Bundesprogramm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ stehen von 2007 an jährlich 19 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung. So viel gab es auch fürs alte Bundesprogramm. Darüber hinaus verspricht die Bundesregierung Mobilen Beratungsteams und Opferberatungsstellen eine Unterstützung in Höhe von zusätzlich fünf Millionen Euro.

Damit geht die Bundesregierung zwar über das hinaus, was zuvor diskutiert wurde. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Kern des neuen Programms sind die Mittel für so genannte lokale Aktionspläne. Über die Verteilung von Fördergeldern sollen künftig vor allem die Kommunen entscheiden. Allein 10 der 19 Millionen Euro liegen dann in deren Hand. „Eine fatale Entscheidung“, sagt Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. Und auch der ehemalige Regierungssprecher und jetzige Vorsitzende des Vereins „Gesicht zeigen“, Uwe-Karsten Heye, sprach von einer „völlig an der Sache vorbeigehenden Entscheidung“. Aus Angst vor Investorenflucht gebe es viele Kommunen, die Teil des Problems seien. Die wollten gar nicht wahrnehmen, dass sie ein Problem mit Rechten haben.

Für völlig falsch hält Kahane auch angebliche Überlegungen, dass bei jeder Projektfinanzierung 70 Prozent kofinanziert werden müsse. Das hieße, dass nur noch private, finanzstarke Stiftungen Projekte gegen Rechtsextremismus initiieren könnten, sagte Kahane.

Und doch gibt es auch Positives zu vermelden. Zumindest die Beratungsteams gegen Rechtsextremismus können damit rechnen, dauerhaft gefördert zu werden. „Wir wollen bei bestimmten Projekten zu einer dauerhaften Lösung kommen“, versicherte der Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues (CDU). Die Arbeit der Mobilen Beratungsteams litt bisher vor allem unter der fehlenden Planungssicherheit. „Wenn es so sein sollte, dann wäre das tatsächlich jene Nachhaltigkeit, die wir jahrelang gefordert haben“, sagte Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin. Zugleich kritisierte sie, dass es auch andere Strukturprojekte gibt, die nicht unter dieser dauerhaften Förderung fallen. Eindeutig bewährte Projekte wie „Schule gegen Rassismus“ oder das Neonazi-Aussteigerprogramm „Exit“ müssen wahrscheinlich weiter um ihre Finanzierung bangen.

Einen wesentlichen Aspekt hat das neue Bundesprogramm überhaupt nicht berücksichtigt. Aktuelle Studien zeigen, dass fremdenfeindliche und antisemitische Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind. Wieder werde nicht gesehen, dass Rechtsextremismus nicht nur ein Randgruppenphänomen von Jugendlichen sei, sagt Heye. „In erster Linie ist es ein Erwachsenenproblem.“

FELIX LEE