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Archiv-Artikel

Das Volk muss gefragt werden

VOLKSENTSCHEID In Bayern müssen die Wahlberechtigten jeder Verfassungsänderung zustimmen. Sie können auch selbst eine initiieren

FREIBURG taz | Wenn in Bayern die Landesverfassung geändert wird, muss stets das Volk beteiligt werden. Insofern beschreibt Horst Seehofer nur die Rechtslage, wenn er seine geplante Verfassungsänderung zur Integrationspflicht durch eine Volksabstimmung legitimieren will.

Grundsätzlich kann die Landesverfassung auf zwei Wegen geändert werden: auf Initiative von oben oder von unten. Bei der Initiative von oben bringt eine Fraktion den Gesetzentwurf für eine Verfassungsänderung in den Landtag ein. Wenn der Vorschlag mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wird, muss danach eine Volksabstimmung stattfinden. Die Verfassungsänderung tritt in Kraft, wenn sie im Referendum mehr Zustimmung als Ablehnung erhält.

Die Bestätigung einer Verfassungsänderung per Volksentscheid ist eine bayerische Besonderheit. Auf Bundesebene genügt für Grundgesetzänderungen eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Nur Hessen hat eine ähnliche Regelung.

Falls Seehofer sieht, dass seine Initiative im Landtag keine Chance auf eine Zweidrittelmehrheit hat, kann er auch ein Volksbegehren von unten lancieren. Zehn Prozent der Wahlberechtigten müssen dann auf dem Rathaus den Vorschlag der CSU unterstützen. Wenn er im Landtag keine Zweidrittelmehrheit bekommt, findet ein Volksentscheid statt. Die Verfassungsänderung von unten kommt zustande, wenn mehr Bürger mit Ja als mit Nein stimmen und zugleich die Ja-Stimmen mindestens 25 Prozent der Wahlbevölkerung ausmachen. Dieses Quorum hat 1999 der bayerische Verfassungsgerichtshof festgesetzt.

Zudem dürfen Verfassungsänderungen „nicht den demokratischen Grundgedanken der Verfassung widersprechen“. Laut Artikel 75 sind sie sonst „unzulässig“. Auch daran sollte Seehofer denken. CHRISTIAN RATH