: Von Spitzeln und Denunzianten
FERIENWOHNUNGEN MELDEN
Immer dann, wenn der Staat die Zügel auf dem Wohnungsmarkt anzieht, melden sich die Hüter individueller Freiheiten zu Wort. Was gibt dem Staat das Recht, mir den Einbau einer Fußbodenheizung zu verbieten?, fragen sie etwa, wenn der Bezirk gerade neue Bestimmungen zum Schutz vor Luxusmodernisierung erlassen hat. Dabei ist offensichtlich, dass der Markt, diese höchste Instanz aller Freiheit, bei den Wohnungen längst mehr dem Gesetz der Spekulation folgt als dem von Angebot und Nachfrage.
Aber das ist den Freiheitsfreunden wurscht. Und nun haben sie ein neues Skandalon ausfindig gemacht. Weil die Bezirke zu wenig Personal haben, um bis Donnerstag unangemeldete Ferienwohnungen aufzuspüren, sollen auch die Bürger illegale Touriherbergen melden. Denunziation, sagt da schon der eine, das macht den Blockwart wieder hoffähig, der andere. Wird der Wohnungsmarkt bald also von Spitzeln beherrscht?
Gemach, gemach. Unter Denunziation, lehrt uns Wikipedia, „versteht man die – häufig anonyme – öffentliche Beschuldigung oder Anzeige einer Person oder Gruppe aus nicht selten niedrigen persönlichen oder oft politischen Beweggründen, von deren Ergebnis der Denunziant sich selbst oder den durch ihn vertretenen Interessen einen Vorteil verspricht“.
Das Anonyme mag stimmen. Worin aber soll der Vorteil liegen, wenn die Nachbarswohnung, derentwegen man beim Bezirk anruft, nicht mehr als Ferienwohnung genutzt wird? Dass es dort keine Partys mehr gibt? Dass im Winter, wenn keine Touris da sind, geheizt wird wie bei normalen Mietverhältnissen üblich? Das ist kein Vorteil, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Und genau darum geht es beim Zweckentfremdungsverbot. Wohnungen müssen, erst recht bei Knappheit, regulär vermietet werden. Alles andere ist Spekulation auf Kosten der Allgemeinheit. Und eben nicht individuelle Freiheit. Wo ist also das Problem, wenn jemand zum Telefonhörer greift? Wenn einer auf der Straße einen Autodiebstahl bemerkt, ruft er doch auch die Polizei. UWE RADA