SPORTPLATZ : Halt alles sehr, sehr teuer
HANDBALL Sportlich sind die Spreefüxxe Berlin erstligatauglich, nur am Geld hapert es noch. Mit Crowdfunding wollen die Handballerinnen nachhelfen
Der Jubel war groß, das Ziel ist erreicht. Nach zwölf Jahren spielt wieder ein Berliner Frauenteam in der ersten Handball-Bundesliga. In nur drei Jahren warfen sich die Spreefüxxe Berlin aus der dritten in die erste Liga. Damit gehören die Handballerinnen zu den erfolgreichsten Sportvereinen in der Hauptstadt.
Gejubelt über den Aufstieg wurde Anfang Mai. Einen Monat vor dem Saison-Auftaktspiel am 6. September beim VL Koblenz ist die ganze große Euphorie über den rasanten Aufstieg des Klubs aber fast schon wieder verflogen. Die Spreefüxxe befinden sich jetzt mitten in der intensiven Saison-Vorbereitung mit Trainingslager, Transfers, Planung der Auswärtsfahrten und vielem mehr. Dabei ist den Vereinsverantwortlichen vor allem eines deutlich geworden: Das Projekt Erste Liga wird sehr, sehr teuer.
Dementsprechend dramatisch wirkt der Spendenaufruf des Klubs im Internet auf der Crowdfunding-Plattform für Sportprojekte „faiplaid“. „Ganz konkret: Wir brauchen Hilfe, wir brauchen Geld!“, heißt es da. Die Schwarmfinanzierung über das Internet ist „für uns ein Versuch, an Geldmittel für die nächste Saison heranzukommen“, erklärt die Spreefüxxe-Managerin Britta Lorenz. Noch bis zum 15. August können Einzelpersonen ab einem Euro die Spreefüxxe unterstützen.
„Unser Ziel sind 50.000 Euro, bei 40.000 Euro sprechen wir von einem Erfolg“, so Britta Lorenz. Die im deutschen Hochleistungssport bisher einzigartige Geldsammelaktion läuft jedoch nur schleppend an. Bis gestern haben 26 Unterstützer lediglich 2.450 Euro eingezahlt.
Ein mäßiger Etat
Die Managerin Lorenz hat vorgesorgt. Wird der angestrebte Betrag nicht erreicht, ist der Erstliga-Auftritt der Spreefüxxe dennoch gesichert. „Aber mit dem kleinsten Etat der gesamten Liga“, mutmaßt sie. Die Bundesliga-Spitzenteams Thüringer HC, Bayer Leverkusen, Buxtehuder SV oder HC Leipzig lassen sich die Spielzeit bis zu 1,2 Millionen Euro kosten. In Berlin rechnet man mit einem Sechstel der Summe.
„Zu uns kommen die Handballerinnen nicht, um viel Geld zu verdienen. Wir sind reine Amateure, und die meisten Spielerinnen arbeiten. Wir punkten durch das familiäre Umfeld und den Standort Berlin“, sagt Lorenz. Der Standortvorteil der Trendstadt Berlin mag für die Spielerinnen ein gewichtiges Argument sein, um an die Spree zu wechseln. Die Sponsorensuche in der Sportmetropole mit 124 Bundesligisten ist allerdings für einen kleinen Verein wie die Spreefüxxe mühselig bis aussichtslos. „Von der Stadt Berlin vermisse ich die Solidarität, die Unterstützung für uns und für die vielen anderen erfolgreichen Frauenteams im Hockeysport, im Tischtennis und in anderen Sportarten“, klagt Lorenz auch deshalb.
Konkurrenz der Männer
Ein Blick auf die Homepage berlin-sportmetropole.de, die von der Berliner Vermarktungsagentur Visit Berlin mitverantwortet wird, gibt Lorenz recht. Aktuell bündeln dort sechs Männerteams öffentlichkeitswirksam ihre Marketinginitiativen. Es sind Hertha BSC, Union Berlin, Füchse Berlin, Eisbären, Berlin Volleys und Alba Berlin. „So wird sicher nicht die Vielfalt der Sportmetropole Berlin und der Stadt insgesamt abgebildet. Eine Sportmetropole ohne Frauen geht doch gar nicht“, kritisiert die 48-jährige Lorenz die sportliche Männerdominanz im städtischen Internetauftritt.
Die Verantwortlichen kontern diesen Vorwurf. Die Kriterien, die eine Veröffentlichung auf berlin-sportmetropole.de rechtfertigen, seien eindeutig, erklärt Björn Lisker, Pressesprecher von Visit Berlin, gegenüber der taz: Zugehörigkeit zur höchsten deutschen Spielklasse (Ausnahme: Fußball, hier gilt erste und zweite Bundesliga), Führung des Vereins durch eine juristische Person des Privatrechts und ein Zuschauerschnitt über 3.000 Zuschauer oder einmalig über 5.000 Zuschauer. „Selbstverständlich repräsentieren auch die Handballerinnen der Spreefüxxe oder die Wasserballer der Wasserfreunde Spandau 04 die Sportstadt Berlin. Sie erfüllen nur eben derzeit nicht den geforderten Zuschauerschnitt, der von der Arbeitsgruppe Sportmetropole Berlin festgelegt wurde, um aufgenommen zu werden“, so Lisker.
In der zweiten Bundesliga erreichten die Spreefüxxe einen Schnitt von 450 Besuchern. In der anstehenden Saison, eine Liga höher, wollen sie die Zuschauerzahl immerhin verdoppeln.TORSTEN HASELBAUER