zwischen den rillen
: Schönen Mädchen fällt nicht alles zu

Drei Stücke sind wirklich gut! „Studio 1“, das Dancehall-inspirierte neue Album der britischen Girlgroup All Saints

Es ist Zeit, Simon Fuller Respekt zu zollen. Denn wie genial die Idee des Managers war, die Spice Girls als Comicfiguren zu inszenieren, zeigt sich in diesen Tagen gleich doppelt. Beim Video-Debüt von „Danity Kane“, der neuen, von P. Diddy gecasteten Girlband, ist es zum Beispiel unmöglich, auf Anhieb zu erkennen, wie viele Frauen da überhaupt mitmachen. Alle sehen gleich aus, haben den gleichen Körper und ziehen sich auch noch die ganze Zeit um. Da ist man nachträglich dankbar für die Spice Girls – fünf Frauen, fünf Klischees. Alles bestens überschaubar.

Außerdem befolgte Fuller eine ungeschriebene, aber ungemein wichtige Regel: Die Girls dürfen nicht zu hübsch sein. Wer perfekt ist, wird von den Mädchen nicht als Freundin akzeptiert und von den Jungs nicht musikalisch ernst genommen. Dieses Schicksal ereilte zum Beispiel die britischen All Saints. Sie hatten die besseren Songs und die besseren Sängerinnen, doch geliebt wurden sie nie. Wer mit Robbie Williams zusammen war, dem konnte man nicht den Liebeskummer aus „Never ever“ abnehmen, wer den perfekten Hintern hatte, konnte nicht auch noch den perfekten William-Orbit-Song singen. Entsprechend wurden bei ihrem Split vor fünf Jahren auch nur wenige Tränen vergossen.

Nun haben die All Saints ein Comeback-Album aufgenommen und was soll man sagen? Es ist toll, dass es „Studio 1“ gibt. Zwar sehen die Mädchen immer noch so gelackt aus wie ehedem und haben immer noch keine Geschichte zu erzählen. Aber eine Sache ist auch gleich geblieben, und die gereicht ihnen nicht zum Nachteil: Sie haben nach wie vor richtig gute Singles.

Die erste Auskopplung „Rock Steady“ ist ein Knaller. Atemlos, zwingend, schrill, auf einem Niveau mit „S.O.S“ von Rihanna, „Maneater“ von Nelly Furtado und all den anderen tollen Pop-Singles von Frauen dieses Jahres. Der überwiegende Rest der zwölf Songs ist leider uninspiriert und überproduziert. Allein bei „Chick Fit“ und „Scar“ vermag das Dub- und Dancehall-Gerüst, das sich die All Saints mittlerweile zugelegt haben, die Lieder zu tragen. Für die Ewigkeit reicht es wieder nicht. Aber von den Sugababes erwartet man ja auch keine perfekten Alben.

HANNAH PILARCZYK

All Saints: „Studio 1“ (EMI)