SPORTPLATZ
: Mit dem neuen Rollrasen soll alles besser werden

FUSSBALL Union Berlin erbolzt gegen FC Augsburg ein zähes 0:0. Schuld war der schlechte Rasen

Auf der Tribüne des Stadions An der Alten Försterei sitzen 150 jugendliche Spieler von Rubin Kasan. Für eine Woche sind sie auf Studienreise in Deutschland. Dazu gehören nicht nur Testspiele gegen Gleichaltrige des VfL Wolfsburg und 1. FC Union Berlin, sondern auch der Besuch des Punktspiels zwischen Union und dem FC Augsburg ist dabei. Darüber sollten die Jungs danach einen Aufsatz schreiben. Was dabei wohl herausgekommen ist? Glauben junge Russen nun womöglich, in der Zweiten Fußball-Bundesliga darf nicht aufs Tor geschossen werden? Torsten Matuschka, der Kapitän der Berliner, räumte ein: „Es gab heute keine richtige Torchance für beide Mannschaften.“

So herrschte auch im Block der Gäste von der Wolga kollektives Gähnen. Und als die 90. Minute kurz vor der Vollendung stand und Torhüter Marcel Höttecke den Ball mit voller Wucht über das Tribünendach drosch, war wohl keiner von ihnen traurig darüber, dass der Referee auf einen neuen Ball verzichtete – und das abpfiff, wofür sich Uwe Neuhaus später entschuldigte. Ein tristes 0:0. „Es tut mir leid für unsere treuen Zuschauer“, sagte der Trainer des 1. FC Union Berlin, brummelte etwas von vorsichtiger Spielweise und gab zu: „Der Fußball ist heute auf der Strecke geblieben.“

Das Duell mit dem Spitzenklub war ein einziger Kampf. Ein Gebolze, langatmiges Pingpong zwischen den Strafräumen. Der Schuldige war schnell ausgemacht: das Geläuf. „Wenn man hier versucht hat zu dribbeln, ist einem sofort der Ball in die Fratze geflogen“, formulierte Mattuschka plakativ. „Ich wollte ein Stück Rasen mitnehmen“, witzelte der Augsburger Torhüter Simon Jentzsch, „ich habe aber keines gefunden.“ Mitte nächster Woche wird er wohl fündig werden: Bis dahin soll der neue Rollrasen verlegt sein. Warum erst jetzt? Andere Vereine haben längst neue Auslegware gekauft, doch Union zögerte. Offiziell ist der späte Termin in Köpenick der bisher kühlen Witterung geschuldet. Doch Verteidiger Daniel Göhlert sagte auch offen: „Heute war der Boden für uns ein Vorteil.“ Rasentaktiererei?

Das schnelle, direkte Offensivspiel der Augsburger fand gar nicht statt, weil, wie es Stürmer Michael Thurk formulierte, „vier oder fünf Ballkontakte nötig waren, um den Ball überhaupt zu kontrollieren“. Wer so lange braucht, dem steht irgendwann ein Unioner auf den Füßen. Aber am nächsten Sonntag kommt der Letzte der Liga, Arminia Bielefeld – dann müssen die Roten das Spiel machen. Die Fans dürften hoffen, dass mit den frischen Halmen endlich wieder mehr Esprit und Erfolg Einzug halten.

Denn seit Mitte Januar gab es keinen Heimsieg mehr zu bestaunen. Obendrein ist der Zweitligist seit 325 Minuten ohne Torerfolg. Die Geduld der Zuschauer ist deshalb erstaunlich. Am Sonnabend entrollten sie wieder riesige Plakate mit ihrem eisernen Ehrenkodex. Demnach geht ein Unioner „nie vor dem Abpfiff aus dem Stadion. Pfeift nie die eigene Mannschaft aus. Macht nie einen unserer Spieler zum Sündenbock“. Nach einem trostlosen Fußballnachmittag darf konstatiert werden: Sie haben ihre taktische Marschroute eingehalten, Fans und Spieler.

Bei den Hauptakteuren konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie gar nicht unbedingt gewinnen wollten. „Unsere Maxime war, nicht zu verlieren“, räumt Michael Parensen ein. Union hamstert die Zähler in kleinen Portionen – hält so zumindest derzeit den Abstand zu den Abstiegsrängen. Christian Beeck, der Manager, sagt es pragmatisch: „Für uns geht es Punkt um Punkt. Mit Laufen, Kratzen, Beißen.“ MATTHIAS WOLF