Marine-Kommission findet Ausbildung weiter zumutbar

GORCH FOCK Bundeswehr-Ermittler stellen fest, dass Verfehlungen an Bord Einzelfälle gewesen seien

Ein Führungsproblem sehen die Ermittler ebenso wenig wie Alkoholmissbrauch an Bord des Schiffs

Entwürdigende Rituale, sexuelle Belästigung, überzogener Drill: All das hat die Marine-Kommission zur „Gorch Fock-Affäre“ bei ihren Ermittlungen kaum feststellen können. Verfehlungen an Bord wertet sie als Einzelfälle. Der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière will die Aufklärung der Affäre nun nicht mehr als Chefsache behandeln. Der Untersuchungsbericht werde „deutlich auf der Ebene unterhalb des Ministers“ geprüft, sagte ein Sprecher. Aus der Opposition wurde der Ruf nach Rehabilitierung des abgesetzten Kapitäns Norbert Schatz laut.

Die Untersuchungskommission hatte ihren Bericht in der vergangenen Woche an den Marine-Inspekteur Axel Schimpf übergeben. An diesem Mittwoch soll sich der Verteidigungsausschuss mit dem 98-seitigen Dokument befassen. Die Ermittler befragten innerhalb eines Monats 221 Offiziersanwärter und 192 Angehörige der Stammbesatzung.

Das Fazit des Berichts: Die erhoben Vorwürfe hätten sich „zum großen Teil als nicht haltbar erwiesen“. Soweit einzelne Vorwürfe teilweise bestätigt worden seien, hätten sie „bei weitem nicht die Qualität“ besessen, die ihnen beigemessen worden sei.

Ausgangspunkt für die Affäre war der Tod einer Kadettin, die am 7. November 2010 aus der Takelage des Schiffes stürzte. Die anschließend erhobenen Vorwürfe, Offiziersanwärter würden von ihren Vorgesetzten zu stark unter Druck gesetzt, sahen die Ermittler nicht als bestätigt an. Ein „gewisser Nachdruck“ sei zur Durchsetzung von Ausbildungszielen notwendig, heißt es in dem Bericht. Die Grenzen der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit seien bis auf einen Einzelfall aber nicht überschritten worden.

Auch verbale sexuelle Belästigung stellten die Ermittler nur in zwei Einzelfällen fest. Ein Führungsproblem sehen sie ebenso wenig wie Alkoholmissbrauch an Bord. Zu Ritualen wie der Äquatortaufe sei niemand gezwungen worden.

Das Ministerium wollte den Bericht am Montag noch nicht bewerten. Der Sprecher Christian Dienst machte klar, dass die Auswertung nicht auf der Führungsebene stattfinde: „Ob und wann sich der Minister damit beschäftigt, das werden wir sehen.“

De Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte die Affäre um angebliche Missstände auf dem Segelschulschiff im Januar zur Chefsache gemacht und unter anderem den Kapitän für die Zeit der Ermittlungen abgesetzt. Sprecher Dienst betonte jetzt, man solle nicht annehmen, „dass die Mechanismen, die in der Zeit zu Guttenberg gegriffen haben, auch in der Zeit de Maizière greifen werden“. (dpa)