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Archiv-Artikel

Kunst in Erklärungsnot

Die Gruppenausstellung „Die Wörter, die Dinge“ im Düsseldorfer Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf weist schon in ihrem Titel auf eine grundsätzliche Erfahrung mit Kunst hin

VON KATJA BEHRENS

In der Ausstellung „Die Dinge, die Wörter“ im Düsseldorfer Kunstverein werden – so das Konzept – Fotografien und Filmarbeiten von fünf Künstlerinnen und Künstlern gezeigt, „die sich im weitesten Sinne mit Fragen der Repräsentation auseinander setzen“. Das soll deutlich machen, dass ästhetische und kulturelle Bedeutung oft erst aus der Interpretation von Bildern heraus entsteht. Referenzrahmen dafür sind die Untersuchungen des französischen Philosophen Michel Foucault über die „verschiedenen historischen Systeme“ zur Klassifikation und Erfassung von Welt.

Im Kunstverein wird also thematisiert, illustriert und unmittelbar erfahrbar, was viele Museumsbesucher mit Kunst immer schon erleben mussten – dass sie nämlich ohne erklärende Worte oft nicht oder nur halb verstanden wird. Die mehrteilige Fotoarbeit des in Los Angeles lebenden Künstlers Christopher Williams (geboren 1956) – der auch der älteste und bekannteste der ausstellenden Künstler ist – paraphrasiert mit scheinbar sachlichen, schwarz-weißen Bildern von metallenen Beschlägen einer Pendeltür die Idee der so genannten „objektiven Aufzeichnung von Wirklichkeit“. Die Illusion von Neutralität wird als solche kenntlich, weil das Medium Fotografie heute das Nachdenken über sich selbst und seine diskursiven Bezüge immer schon einschließt.

Beim Weitergang durch die Ausstellung drängt sich allerdings die Frage auf, ob das nicht eigentlich Erkenntnisse sind, die jedes beliebige Bild oder Ding liefern kann, wenn ihm nur die richtigen Wörter übergestülpt werden. Wie etwa die Titel und Hintergrundinformationen, die die historischen und ästhetischen Bezüge der Arbeiten Susanne Kriemanns überhaupt erst verständlich machen. Und zeigt so nicht die gesamte Ausstellung überaus deutlich, dass jedwede Inhaltlichkeit, Bedeutung und selbst die ästhetische Überzeugungskraft eine Frage des Blicks und des Diskurses sind? Will also die Ausstellung auf einer Meta-Meta-Ebene ihre eigene Bedürftigkeit und die Erklärungsnot von Kunst ausstellen? Eine interessante Konzeption, denn diese Ausstellung ist schließlich nicht die letzte, die Vanessa Joan Müller im Kunstverein macht.

Die räumliche und zeitliche Nähe zur besessenen und überschäumenden Erzählnot des alten Picasso, dessen Ausstellung gleich nebenan in der NRW Kunstsammlung K 20 zu sehen ist, mag es etwas schwer machen, einen raschen Zugang zu den blassen Werken im Kunstverein zu finden. Andererseits ist die sichtbare und unmittelbar erlebbare Distanz beider Kunstauffassungen, Picassos beharrliches Festhalten am Gegenstand und die kargen Konzepte der jüngeren Künstler, geradezu ein Lehrstück zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts – eingespannt zwischen den Polen, die Picasso und Marcel Duchamp mit ihren Werken markieren.

Bis 09. April 2007