: Mildes Klima auf dem Arbeitsmarkt
Die Zahl der Beschäftigungslosen sinkt erstmals wieder unter vier Millionen – nicht nur wegen des warmen Novemberwetters. Neue Jobs entstehen vor allem bei der Zeitarbeit, und viele Empfänger von Hartz IV zählen in der Statistik nicht mehr mit
VON BARBARA DRIBBUSCH
Wenn die Magie der Zahlen die öffentliche Meinung bestimmt, dann war gestern für die große Koalition ein freudiger Tag. „Als ungewöhnlich gutes Ereignis“ hat Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) den positiven Trend auf dem Arbeitsmarkt bezeichnet. Erstmals seit vier Jahren ist die Zahl der Arbeitslosen wieder unter die Marke von vier Millionen gefallen. Die Bundesagentur für Arbeit zählte im Monat November 3.995.000 Erwerbslose bei einer Arbeitslosenquote von 9,6 Prozent.
„Durch die stabile Konjunktur, aber auch das milde Wetter hat sich die Herbstbelebung bis in den November hinein fortgesetzt“, erklärte Agenturchef Frank-Jürgen Weise. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, sozusagen das Allerheiligste des Jobmarktes, hat dabei nach den neuesten Zahlen von September im Vorjahresvergleich sowohl in West- als auch in Ostdeutschland um 1,2 Prozent zugenommen. Außerdem gab es einen Anstieg bei den Selbständigen und den mithelfenden Familienangehörigen. Die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Deutschland lag dadurch im Oktober bei 39,68 Millionen Menschen. Das war ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 346.000 Personen.
In welchen Branchen entstehen nun neue Jobs? Vor allem bei unternehmensnahen Dienstleistungen, insbesondere bei der Zeitarbeit meldet die Bundesagentur Zuwächse. Im Land Brandenburg beispielsweise waren mehr als die Hälfte der neuen sozialversicherungspflichtigen Jobs Stellen bei Zeitarbeitsunternehmen.
Bei diesen Leiharbeitsfirmen wie Randstad oder Adecco sind die Beschäftigten sozialversicherungspflichtig angestellt und werden dann für eine bestimmte Zeit zu Auftraggebern aus dem Industrie- oder Dienstleistungssektor entsandt. Die Bezahlung ist in der Regel niedriger als bei den normalen Beschäftigten in den auftraggebenden Unternehmen.
Die Bundesagentur meldet auch Stellenzuwächse in den Bereichen Verkehr und Nachrichtenübermittlung sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Nach wie vor aber gibt es Stellenverluste im Kredit- und Versicherungsgewerbe, im öffentlichen Dienst und im verarbeitenden Gewerbe. Am stärksten ist die Beschäftigung in Hamburg, Bayern und Berlin gestiegen.
Im November ist im Vergleich zum Vormonat die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld I und II gleichermaßen um jeweils zwei Prozent gesunken. Die positive Arbeitsmarktentwicklung scheine allmählich auch die Langzeiterwerbslosen zu erfassen, hieß es dazu.
Zu bedenken ist dabei allerdings, dass viele Empfänger von Arbeitslosengeld II in der Statistik neuerdings nicht mehr als arbeitslos erfasst werden. Das gilt nach Angaben der Bundesagentur etwa für alleinerziehende Mütter, die dem Arbeitsmarkt wegen schlechter Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder nicht zur Verfügung stünden. Dadurch ging die Zahl der „arbeitslosen“ Hartz-IV-Empfänger im Vergleich zum Oktober um fast 60.000 zurück, obwohl die Gesamtzahl der Bezieher von Arbeitslosengeld II nur um 23.000 sank. Der statistische Effekt, der die Arbeitslosenzahl mit der Einführung von Hartz IV nach oben schnellen ließ, wird dadurch zum Teil rückgängig gemacht.
Diese „systematische Überprüfung des Bewerberstatus“ erklärt laut dem Monatsbericht der Bundesagentur auch, warum die Zahl der Arbeitslosen so schnell sinkt, obwohl die Zahl der Beschäftigten nur langsam steigt. Wie viel der 23.000 abgegangenen Hartz-IV-Empfänger tatsächlich einen Job fanden, ist statistisch nicht erfasst.
Die Gesamtzahlen verbergen überdies, dass die Bewegung auf dem Arbeitsmarkt insgesamt wesentlich größer ist. So sind seit Jahresbeginn rund 6,8 Millionen Arbeitslose aus der Statistik verschwunden, während knapp 6,3 Millionen Menschen neu hinzukamen. Von den Abgängern nahmen laut Statistik aber nur 40 Prozent eine Erwerbstätigkeit auf. Zum Verbleib der übrigen Hilfsempfänger kann die Bundesagentur keine Angaben machen, weil die Arbeitsvermittler meist nur die Rubrik „Sonstiges“ ankreuzen.