Himmlische Aussichten

FIRMAMENT Faszinierend ist der Himmel für die meisten von uns – was wir in ihm sehen, ist dagegen höchst unterschiedlich. Wohnen dort Seelen, oder sind da nur Sterne? Ist er der Gegenort zur Hölle, oder herrscht einfach dünne Luft? Sicher ist: In der Nacht zum 13. August regnen Tausende Sternschnuppen auf uns herab. Und jedeR darf sich etwas wünschen

VON UWE RADA

Schwer zu sagen, was der Himmel über Berlin ist. Woraus er besteht. Wem er gehört. Wer ihn bevölkert, Vögel, Regentropfen, verlorene Seelen. Wie weit reicht er überhaupt, wann ist das Himmelszelt zu Ende, und wann beginnen Stratosphäre und Sternenhimmel? Gehört die Luft, die wir atmen, zum Himmel über Berlin, oder ist sie eingewandert: aus Bitterfeld bei Südwestwind, oder von Pommern, wenn der Wind aus der Gegenrichtung kommt.

Gibt es ihn überhaupt, diesen Himmel über Berlin, oder ist er bloß eine Erfindung von Wim Wenders, der seine beiden Engel über der Stadt lungern und die Kakophonie ihrer Bewohner belauschen lässt?

Vielleicht ist die Antwort auf diese Fragen am einfachsten, wenn man sich einmal vorstellt, dass der Himmel über Berlin weg wäre. Auf Reisen, transloziert, geklaut. Wohin würden wir dann augenrollend schauen, wenn Wowereit wieder einen Flughafentermin vergeigt? Auf eine Decke, die Zimmerdecke über Berlin, mit Raufaser tapeziert oder psychedelisch schwarz gestrichen, wenn es dunkelt? Würde uns dann buchstäblich die Decke auf den Kopf fallen, würden wir vielleicht sogar übermütig werden und zu einer Leiter greifen, einer Himmelsleiter?

Aber der Himmel ist da, und er hat viele Freunde, die ihn erforschen, malen oder interpretieren. Ein klitzekleiner Teil des physischen Himmels, der Planet Neptun, wurde sogar in Berlin entdeckt. Mitte des 19. Jahrhunderts war das, damals schickte sich Berlin gerade an, eines der wichtigsten Zentren der Astronomie zu werden.

Seit der Wende greift die Region erneut nach den Sternen: Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam macht die Metropolregion neben München und Heidelberg zum Tummelplatz deutscher Sternenforscher, ergänzt durch die Sternengucker, die sich in den Sternwarten oder Planetarien der Stadt vergnügen.

Den gemalten Himmel findet man nicht in der Sternwarte, sondern im Museum. Interessant ist die Gleichzeitigkeit, mit der der Himmel den Berlinern begegnet: Adolph Menzel malte sein Bild „Park des Prinzen Albrecht“ mit seinen üppigen Wolkenformationen just in jenem Jahr, 1846, in dem Johann Franz Encke den Neptun entdeckte.

Viel älter ist die Beschäftigung mit dem metaphysischen Himmel. Im Christentum und im Islam ist der Himmel der Gegenort zur Hölle. Allerdings ist auch für Christen und Muslime der Weg in den Himmel recht beschwerlich. Die Himmelsleiter darf nämlich erst beschreiten, wer vorher durchs Fegefeuer gegangen ist. Etwas leichter haben es da die Juden. „Himmel und Hölle spielen nur eine vage, keine zentrale Rolle“, schrieb einmal Josef Joffe in der Zeit.

Aber ob Christ oder Muslim: Wem der Weg durchs Feuer zu heiß ist, der kann ja erst mal gucken. In der Nacht zum 13. August nämlich ist über uns das Sternschnuppenspektakel der Perseiden zu sehen. Man braucht nur ein hübsches Nachtplätzchen, die Sternenkarte der taz – und einen wolkenlosen Durchblick.

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