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Archiv-Artikel

„Keiner muss sich einen Vorwurf machen“

Die Politik trifft keine Schuld am Scheitern des Pipeline-Projektes, sagt Marls Bürgermeisterin Uta Heinrich

taz: Frau Heinrich, wie oft haben Sie sich schon gewünscht, dass Marl am Meer läge – oder zumindest an einem großen Fluss?

Uta Heinrich: Schon ein paarmal. Das trifft ja genau unserer Problem: Die Chemieparks in Marl und der Region sind auf eine günstige Rohstoffzufuhr angewiesen – und die wiederum sollte die Propylenpipeline herstellen. Es ist sehr bedauerlich, dass das jetzt nicht klappt, zumal schon eine Menge Geld in die Planung des Projektes geflossen ist.

Sind Sie wütend auf die Unternehmen?

Enttäuscht bin ich, gerade weil der Bau ja bereits unmittelbar bevorstand. Es gab konkrete Zusagen der Industrie. Wenn diese Zusagen in allerletzter Minute zurückgezogen werden, ist das nicht nachvollziehbar.

Ist der Chemiestandort nördliches Ruhrgebiet nach der Absage in seiner Existenz gefährdet?

Nein, das nicht. Aber die Pipeline wäre ein wichtiger Wettbewerbsvorteil gewesen. Jetzt müssen wir unsere Rohstoffe wie in der Vergangenheit teuer mit dem LKW oder der Bahn transportieren.

Ihr Einsatz für den Chemiepark in Marl war einer der Gründe dafür, dass Sie aus der CDU ausgetreten sind. Hat sich Ihre Ex-Partei nicht genügend um den Standort gekümmert?

Richtig ist, dass die CDU und ich unterschiedliche Auffassungen über die Westerweiterung des Chemieparks hatten. Dieses Projekt halte ich nach wie vor für wichtig. Zum Glück hängt der Standort nicht allein an der Propylen-Pipeline. Ich denke, wir können ihn weiter gut vermarkten. Ich denke, dass die Chemie weiter eine der Kernkompetenzen der Region bleiben und öffentlich gefördert werden sollte.

Die SPD wirft der Landesregierung Versagen vor. Sie auch?

Nein, auf keinen Fall. Jegliche Kritik an der Landes- und auch an der Bezirksregierung weise ich zurück. Wir sind immer gut über den Fortgang des Projektes unterrichtet worden, alle Beteiligten haben ihr Bestes getan. Keiner muss sich da einen Vorwurf machen.

Wäre es mehr als ein Trostpflaster, wenn die Pipeline zumindest bis Duisburg gebaut würde?

Schön wäre das. Aber momentan sehe ich da keine konkreten Planungen, geschweige denn Zusagen.

INTERVIEW: KLAUS JANSEN