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Archiv-Artikel

Opera alla turca

KOMISCHE OPER Mitlesen wird mehrsprachiger

Die meisten Menschen halten Oper für etwas Überflüssiges und Anstrengendes. Da stehen welche und singen furchtbar laut, und meist versteht man kein Wort. Viele Häuser haben mittlerweile begriffen, dass das sehr schade ist, und versehen ihre Inszenierungen des besseren Verständnisses wegen mit Übertiteln.

An der Komischen Oper in Berlin hat man diesbezüglich eine besonders komfortable Lösung gefunden und die komplette Bestuhlung mit einer Übertitelungsanlage ausgestattet, in dem sich das Libretto wahlweise auf Deutsch oder Englisch mitlesen lässt. So lief es bisher. In Zukunft wird den Polyglotten dieser Welt die Sprachwahl an der Behrenstraße noch schwerer fallen, denn es sollen jetzt auch französische und türkische Übertitel hinzukommen. Mit Ersterem entspricht man einem bei Umfragen unter der internationalen Zuschauerschaft häufig geäußerten Wunsch. Letzteres ist ein Signal, mit dem man in die Stadt selbst hineinwirken will. Man habe, erklärt Noch-Intendant Andreas Homoki auf der Pressekonferenz, im Laufe der in den letzten Jahren intensivierten Workshop-Arbeit an Schulen häufiger die Erfahrung gemacht, dass viele Kinder, die zusammen mit ihren Eltern die Workshops besuchten, für diese übersetzen mussten. Und so wolle man nun für die Türkischstämmigen als größte MigrantInnengruppe ein Angebot schaffen, mit dem Schwellenängste abgebaut werden sollen. Denn dann, greift Homoki zu einem praktischen Anwendungsfall, könne etwa ein türkischstämmiges Kind auch zusammen mit seiner nur Türkisch sprechenden Oma eine Kinderoper besuchen. – Im Übrigen beschränkt sich das Konzept „Oper auf Türkisch“ keineswegs auf Übertitelung und Jugendarbeit. Auch die künstlerische Linie des Hauses, so kündigt Bald-Intendant Barrie Kosky an, wird entsprechende Impulse setzen. Schon in Koskys erster Spielzeit im nächsten Jahr wird eine Oper eines türkischstämmigen Berliner Komponisten – der Name bleibt vorläufig geheim – uraufgeführt, die zweisprachig Deutsch-Türkisch gesungen werden soll. Und überhaupt könne es ja nicht darum gehen, neue Zuschauergruppen zu erschließen für den Genuss deutscher Oper. Das Repertoire selbst müsse sich bewegen.

„Oper ist kosmopolitisch. Und Musik ist die interkulturelle Kunstform par excellence.“ So spricht Barrie Kosky. Und wie er es sagt, hat man keinerlei Zweifel, dass er einiges daran setzen wird, dieses Diktum mit Leben zu füllen. In puncto Übertitelung kann man am Haus im Übrigen noch viel kosmopolitischer werden. Das System könne nämlich, verrät Homoki, auf bis zu zehn Sprachen erweitert werden.

KATHARINA GRANZIN