: Einblick (536)
Sarah Burger, Künstlerin
■ Sarah Burger, geboren 1982 in Glarus (CH), studierte Philosophie und Kunst in Zürich, Genf und Berlin. Sie arbeitet vor allem installativ und räumlich. Ihre Arbeiten drehen sich um Alter und Dauer von Materialien und deren unterschiedliche kulturelle Bedeutungen und Vorkommen sowie um die kontinuierliche Transformation der Sichtbarkeit der Erdoberfläche über Zeiträume und Kulturen hinweg. Gruppenausstellungen, „A Place Like This“, Kunsthaus Glarus, Tröntriennale, 2014; „Sarai Reader 09: The Exhibition“, Delhi, Indien. Aktuell „Sonnenanbeter“ im zqm, in Kooperation mit Arik Hayut, der mit elektrischer Zahnbürste die Vibration seiner Schlagzeugfelle verändert und zur Ausstellung improvisiert (siehe oben).
Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Diesen August lasse ich mich vom Project Space Festival durch verschiedene Off-Spaces von Berlin treiben und entdecke dabei neue Orte der Kunst und der Stadt. Es ist ein bisschen wie ein Adventskalender, der einlädt, durch die Tür des Tages einzutreten in eine nächste Welt. Kunst zeigt sich in so vielen Gestalten. Auch wenn einzelne Namen unterschiedlich leuchten und präsent sind, so arbeiten wir doch gemeinsam an einer Zeitschicht, an einem Jetzt. Bei großen Ausstellungen fehlt mir oft der nötige Raum zur Lebendigkeit, zum Atmen und zur tatsächlichen Begegnung. Klarheit und Präzision schätze ich sehr. Abschirmende Sterilität hingegen empfinde ich meist als den Kunstwerken entgegenwirkend, sie verschließend, die Möglichkeit zur Empathie erstickend. In Bezug auf drei Berliner Großereignisse, die Biennale und die Ausstellungen von Ai Wei Wei und Otto Piene, habe ich viel mit anderen KünstlerInnen darüber diskutiert, wo genau diese Grenze einsetzt, wie sie vermieden werden kann oder wann sie angebracht ist. Welches Konzert oder welchen Klub kannst du empfehlen? So richtig in einem Club war ich schon lange nicht mehr – ich suche wohl gerade eher das Licht oder klare Nächte, Morgendämmerung mit Wind. Dieser Sommer erlaubt es. Wenn ich dann doch wieder verschwinden will zwischen tiefen Bässen und rhythmisch zerrissenem Licht geh ich ins Berghain. Das letzte Konzert, das ich besucht habe, war Arto Lindsay an der Volksbühne. Seine unprätentiöse Professionalität, Entspanntheit und Lust an der Musik und am Zusammenspiel haben mich stark beeindruckt und bewegt. Welche Zeitschrift und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag? Gerade lese ich „Poetik des Raumes“ von Gaston Bachelard. Bis dahin habe ich mich eher mit äußeren und öffentlichen Sichtbarkeiten von Gebäuden und Monumenten auseinandergesetzt. Ich wohne nicht gerne. Wohl deswegen habe ich private Innenräume meist ausgeklammert. Nun eine Sensibilität auch für die inneren Räume anhand von Auszügen aus Gedichten zu entwickeln, schärft Blick und Sehnsucht. Zudem beschäftigt mich generell das Verhältnis von Sprache, Welt und Kunst – im Laufe der Jahre aus immer anderen Perspektiven: Seit einigen Monaten aus phänomenologischer, verbunden mit einem wiederentdeckten Glück am Schreiben, am Schaffen mit Worten. Zeitschriften lese ich selten gezielt. Eher greife ich in einem Café nach dem, was ausliegt, und wundere mich über Menüvorschläge und Reisetipps. Aus beruflichem Interesse verfolge ich aber, was zum Beispiel in Texte zur Kunst oder im Artforum erscheint und worüber im e-flux Journal gesprochen wird. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude? Kaffee trinken am Morgen, Licht beobachten, Landschaften – gebaute und gewachsene, Insekten, Steine, die Stimmen meiner Freunde, zu denken, zu sehen, zu lieben.