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: Kämpferin für die Hausfrauen-Offensive

„Bei Lafontaines ist die Frau der Finanzminister“, das schrieben die Medien einst, als Oskar Lafontaine SPD-Chef und Finanzminister war – und seine Frau Christa Müller, die Ökonomin, sich weiter zu wirtschaftspolitischen Fragen äußerte. Für die Rolle der schweigenden Politikergattin „bin ich wohl nicht geeignet“, resümierte sie 2001. Da war Lafontaine schon längst aus allen SPD-Ämtern geschieden und Christa Müller heilfroh, dass sie nicht mehr die Prominentengattin mimen musste. Sie hatte das Opfer gebracht und damals ihre Laufbahn als Wirtschaftswissenschaftlerin bei der SPD beendet. „Darunter hab ich lange gelitten“, erklärte sie freimütig. In Interviews sprach sie damals noch von der Wichtigkeit der Ganztagsbetreuung und dem Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf Erwerbsarbeit.

Heute ist alles ganz anders. Heute warnt Christa Müller davor, die Kinder „wegzuorganisieren“. Sie unterstützt Eva Hermans Plädoyer für die Hausfrau daheim und schließt sich öffentlich der Kritik des Augsburger Bischofs Walter Mixa am Ausbau der Betreuungsplätze an. Christa Müller ist jetzt familienpolitische Sprecherin der saarländischen Linkspartei. Aus dem, wozu sie sich einst gezwungen sah, hat sie einen neuen Beruf gemacht: Christa Müller, die Berufshausfrau.

Die Saar-Linke beschloss im Dezember 2006 Müllers Konzept eines Erziehungsgehalts für Mütter, mit dem sie die Arbeit der Mütter aufgewertet sehen will: 1.560 Euro im ersten Jahr, 960 Euro im zweiten und dritten. Gestern wurde dieser Vorschlag in einer öffentlichen Fraktionssitzung der Linkspartei im Bundestag debattiert. Während Oskar Lafontaine seine Frau tapfer unterstützte, schäumten vor allem die weiblichen PDS-Abgeordneten aus dem Osten, die ihre Biografie in Frage gestellt sehen. Müller zementiere die Mutterrolle und halte die Frauen aus lukrativeren Berufen fern, so die Kritik.

Christa Müller hat eine harte Veränderung hinter sich. Sie weiß, wie es ist, aus dem Beruf auszusteigen, sich um Kinder und Omas zu kümmern. Sie leidet wie viele Mütter darunter, dass sie zu Hause einen aufreibenden Job macht, der kaum Anerkennung findet. Es passt wiederum zu Christa Müller, dass sie diese Anerkennung jetzt lautstark in Heller und Pfennig einfordert. Sie repräsentiert eine Menge Lebensläufe in Deutschland.

An Christa Müller kann man aber auch besonders gut sehen, dass am Anfang dieses Lebenslaufs, der in die Mütterverherrlichung führte, ein Zwang stand: Der Zwang, die Karriere für die Familie sausen zu lassen. Statt das ändern zu wollen, fordert Müller Kompensation. Aber eine Kompensation für etwas Entgangenes bleibt es eben auch. HEIDE OESTREICH