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Archiv-Artikel

Deftige Schlappe für Sarkozy

FRANKREICH Bei den Kantonalwahlen siegen die Sozialisten, die Grünen legen auch ein wenig zu. Den größten Stimmenzuwachs verzeichnet aber der rechte Front National

Wenigstens einer glaube noch an Sarkozys Wiederwahl, meint der „Figaro“ ironisch

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Bei den französischen Departementswahlen am Sonntag gelang es den Linksparteien (Sozialisten, Grüne, Kommunisten, Linkspartei), die bisher schon 58 von 100 Departementen regierten, auf Kosten der bürgerlichen UMP zusätzliche Sitze und fünf Departements zu erringen. Eines wechselte dagegen die Mehrheit von links nach rechts. Obschon in Frankreich nicht wie bei den deutschen Landtagswahlen von einem „Fukushima-Effekt“ gesprochen werden kann, haben dennoch die Grünen (Europe Ecologie-Les Verts; EELV) ihre bisherige Sitzzahl in den „Generalrat“ genannten Departementsversammlungen laut Parteichefin Cécile Duflot „mehr als verdoppelt“. Den EELV-Umweltlisten sei es gelungen, Wähler anzuziehen, die sich von der traditionellen Linken abgewandt hätten.

Wie schon im ersten Wahlgang am letzten Sonntag stach der rechtspopulistische Front National (FN) von Marine Le Pen mit einem deutlichen Stimmenzuwachs hervor. Dieser Vormarsch zahlte sich allerdings nur in zwei Wahlkreisen in den südfranzösischen Departements Vaucluse und Var mit je einem Sitzgewinn aus. Der FN, der sich in rund 400 Wahlkreisen (Cantons) für die zweite Runde qualifiziert hatte, konnte aber vor allem bei Wahlduellen gegen linke Gegner zusätzliche Stimmen anziehen und erreichte oft ein Niveau von 30 bis 40 Prozent.

Laut einer Befragung findet heute die Hälfte der FranzösInnen, der FN sei eine „Partei wie jede andere“. Im rechten Lager scheinen die Grenzen nicht mehr so klar zu sein, nachdem Präsident Nicolas Sarkozy in Wahlduellen zwischen FN und Linken ein „Weder-noch“ als Wahlparole ausgegeben hatte. Mehrere Minister und UMP-Politiker hatten erklärt, sie würden für einen sozialistischen Konkurrenten stimmen, wenn die Alternative ein FN-Bewerber wäre.

Die konservative Regierungspartei gilt heute nicht nur als klare Wahlverliererin, sondern wird auch mitverantwortlich für den Vorstoß der extremen Rechten gemacht. Diesen Vorwurf weist UMP-Parteichef Jean-François Copé zurück, für ihn sind die Wahlergebnisse nur „ein klein wenig enttäuschend“. In den Medien werden sie jedoch fast einstimmig als schwere Niederlage für Präsident Sarkozy gewertet: „Er muss jetzt seiner eigenen Mehrheit den Beweis liefern, dass er weiterhin der Champion in seinem Lager ist“, schreibt L’Alsace, und La République des Pyrénées meint: „Nach dieser deutlichen Desavouierung muss Sarkozy nicht nur die Franzosen noch davon überzeugen, dass er ein guter Präsident ist, sondern auch seine eigenen Anhänger davon, dass er ein guter Kandidat bleibt.“ Ziemlich ironisch kommentiert Le Figaro: „Und doch existiert wenigstens einer in Frankreich, der Sarkozys Wiederwahl für möglich hält. Der Präsident selbst.“ Unmittelbar nach diesem Wahlgang wurde eine Umfrage zu den Präsidentschaftswahlen veröffentlicht, bei der Sarkozy mit 17 Prozent abgeschlagen hinter dem Sozialisten Dominique Strauss-Kahn (34) und der FN-Chefin Marine Le Pen (21) auf Platz drei landete.