Symbol der Unterdrückung

TRIPOLIS Iman al-Obeidi klagt vor der internationalen Presse das Gaddafi-Regime an. Sie wird trotz Widerstands vor Journalisten abgeführt

BERLIN taz | Im Lager der Rebellen in Bengasi ist Iman al-Obeidi eine Berühmtheit. Auf Fahnen und Postern prangte gestern das Bild der Frau, die am Samstag in Tripolis für einen Eklat gesorgt hatte. Sie war am Morgen zur Frühstückszeit im Rixos al-Nasr-Hotel in Tripolis aufgetaucht, als die dort wohnenden internationalen Journalisten gerade ihren Kaffee schlürfen wollten. Sie lüftet ihre Abaja und zeigt blutige Wunden, Striemen und Narben an ihren Oberschenkeln. „Seht, was Gaddafis Leute mir angetan haben“, schreit sie. Sie haben mich mehrere Tage im Gefängnis festgehalten, geschlagen und vergewaltigt, erklärte sie. Die Journalisten zücken ihre Notizblöcke und richten ihre Kameras auf die Frau, um die Szene einzufangen. Iman al-Obeidi erzählt, dass sie an einem Kontrollpunkt in Tripolis festgenommen worden sei, weil sie aus Bengasi stamme. Im Gefängnis hätten Whiskey trinkende Männer auf sie uriniert. Dann sei sie von 15 Männern vergewaltigt worden.

Anwesendes Hotelpersonal entpuppt sich als Gaddafi-treues Sicherheitspersonal, das physisch eingreift und versucht, der Frau habhaft zu werden. Journalisten, die sich ihnen in den Weg stellen und der Frau helfen wollen, werden beiseitegeschubst, eine Kamera von CNN geht am Boden zu Bruch, mehrere Kollegen bekommen Faustschläge ab. Weitere Hilfstruppen Gaddafis treffen ein und halten die Journalisten in Schach, während die Frau abgeführt wird. Der anwesende Regierungssprecher Musa Ibrahim erklärt die Frau für verrückt und betrunken. Sie werde jetzt in ein Krankenhaus gebracht. Doch Iman al-Obeidi vermag den Journalisten noch zuzurufen: „Sie bringen mich nicht ins Krankenhaus, sie bringen mich ins Gefängnis!“

Danach fehlt von Iman al-Obeidi jede Spur. Regierungsstellen erklären am Montag, die Frau sei wieder frei, werde aber verhört. Sie soll eine Verwandte von abtrünnigen Generälen in Bengasi sein. GB