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Sind Jesiden Kurden oder nicht?

■ betr.: „Eine Gemeinschaft im Übergang“, taz.nord vom 16. / 17. 8. 14

Ein Lob – ja. Als via Asyl Türkei ehemals näher mit Jesiden und ihrem Schicksal, ihrer Geschichte Befasster, möchte ich es ausdrücklich loben, wie sachlich-fundiert, differenziert und ohne Scheuklappen hier in der taz argumentiert und berichtet wird; was wahrlich erkennbar nicht einfach ist. Chapeau! LOWANDORDER, taz.de

■ betr.: „Es ist fast apokalyptisch“, taz.nord vom 16. / 17. 8. 14

Herr Tolan kann nicht annähernd nachempfinden, was den Menschen in Shingal passiert ist und immer noch passiert. Er fühlt sich wie viele Jesiden aus der Türkei als Fürsprecher der Shingal-Jesiden. Aber dem ist nicht so! Wenn er behauptet, Jesiden seien Kurden und müssten zusammenhalten, dann zeigt das doch seine Nähe zu den kurdischen Parteien und untergräbt seine Glaubwürdigkeit in dieser Frage. Kein Jeside in Shingal wird sich zur kurdischen Autonomieregion und Masud Barsani bekennen. Eine systematische Differenzierung zwischen Jesiden und Moslems wird schon seit Jahrzehnten von dem Barsani-Clan vorangetrieben. Jesiden werden, wenn sie keine PDK-Anhänger sind, aus Parlament und Universitäten verjagt, verfolgt. Hilfslieferungen werden nicht weitergeleitet, Anschläge von Kurden an Jesiden verübt, jesidische Frauen von kurdischen Moslems zwangsislamisiert und vieles mehr. Wenn also Herr Tolan die Shingal-Jesiden für ein Großkurdistan opfern möchte, dann nur zu. Ich frage mich, ob er das auch tun würde, wenn er die Situation vor Ort kennen würde? Jesiden sind keine Kurden! Genauso wie Österreicher und Schweizer keine Deutschen sind!  AHMAD MAH, taz.de

■ betr.: „Es ist fast apokalyptisch“, taz.nord vom 16. / 17. 8. 14, @ AHMAD MAH

Wenn Jesiden keine Kurden sind, was sind sie dann? Bevor die Kurden zwangsislamisiert wurden, waren sie Jesiden. Hätte die Peschmerga es geschafft, die IS-Terroristen in Shingal von der ersten Stunde an zurückzudrängen, würde kein Jeside meinen, sie seien keine Kurden. Ich kann die Trauer, die Wut und die Ohnmacht der Jesiden vollstens verstehen und trauere jeden Tag mit Ihnen, dennoch darf man den Arabern, Persern und Türken den Gefallen nicht tun und die Jesiden und Kurden von einander trennen. Nur zusammen können wir die vielen Feinde, die wir nun mal haben, besiegen. Ein Schritt in die richtige Richtung ist geschehen, denn YPG, PKK und Peschmerga kämpfen gemeinsam. Ohne die Hilfe der YPG/PKK wären die Menschen in Shingal einem noch schlimmeren Schicksal ausgeliefert. Sind diese Helfer keine Kurden?  EZ KURDIM, taz.de

■ betr.: „Es ist fast apokalyptisch“, taz.nord vom 16. / 17. 8. 14, @AHMAD MAH

Ich bin auch ein Ezidi aus der Türkei. Ich kann durchaus nachvollziehen, wieso viele Ezidis aus dem Irak sich von den Kurden distanzieren wollen. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die moslemischen Kurden die Ezidis unterdrücken, zwangskonvertieren und umbringen. Wie viele Ezidis wurden vor dem 2. August 2014 von fanatischen Moslems (Kurden) umgebracht! Shingal, den 14. August 2007, haben wir nicht vergessen. Aber wir dürfen deshalb nicht alles schwarz/weiß sehen. Wenn die YPG und die PKK nicht wären, wäre ein Vielfaches an Menschen gestorben. Und die sind mehrheitlich Muslime. Die irakischen Kurden haben lange Zeit die syrischen und türkischen bekämpft. Und ich gehe jede Wette ein, dass es nach diesem Genozid nicht anders sein wird. Die Barzani-nahen Medien berichten nur von den Peschmerga. Die Hilfe der YPG und PKK nehmen sie zurzeit an, aber dankbar sind sie nicht. Und wir Ezidis sind nun mal Kurden. Viele Ezidis aus Shingal haben sich mittlerweile von den Peschmerga distanziert und sich den YPG angeschlossen. Es stimmt nicht, dass die Ezidis aus Shingal sich nicht als Kurden bezeichnen. Das war früher vielleicht mal so. Aber inzwischen wissen sie, wer Freund und wer Feind ist.  AYOO, taz.de

Unsere Leser haben auf taz.de vor allem über den Schwerpunkt zur jesidischen Community in Norddeutschland diskutiert. Im Zentrum der Debatte steht dabei die Frage, ob die Jesiden Teil der kurdischen Bevölkerung sind oder nicht. Sie wird auch innerhalb der jesidischen Gemeinschaft ganz unterschiedlich beantwortet – und, wie sich in den Beiträgen zeigt, durchaus auch in Abhängigkeit von temporären politischen Allianzen.