: „Soziale Kompetenz reicht Rüttgers nicht“
Jürgen Rüttgers will mit Ackermanns Auftritt sein Wirtschaftsimage aufpolieren, so der Politologe Klaus Schubert
KLAUS SCHUBERT, Jahrgang 1951, ist Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Uni in Münster.
taz: Herr Schubert, Josef Ackermann spricht beim CDU-Zukunftskongress. Welche Botschaft will die Partei mit dieser Einladung aussenden?Klaus Schubert: Nordrhein-Westfalen profitiert derzeit vom generellen Wirtschaftsaufschwung in Deutschland, etwas spezifisch Nordrhein-Westfälisches lässt sich darin nicht entdecken. Ich denke, dass man das erkannt hat und nun eine offensive „Marketing-Strategie“ einschlägt. Dazu nützen große, bekannte und durchaus auch umstrittene Namen – denn, dass Herr Ackermann für NRW etwas spezifisches vorzutragen hat, ist nicht zu vermuten.
Ackermann gilt als Symbolfigur des kalten Turbokapitalismus, Rüttgers als soziales Gewissen der Union. Wie passt das zusammen?Mit sozialer Kompetenz allein kann man kein Bundesland führen, erst recht nicht eines von der Größe und Bedeutung wie NRW. Rüttgers hat die eine Schublade – das Soziale – bedient und wird sich jetzt im nächsten Schritt als Modernisierer, auch als ökonomischer Neuerer darstellen wollen, der keine Berührungsängste kennt. Je weniger er sich im Allgemeinen einordnen lässt, desto mehr Handlungsfreiheit hat er im Detail. Diese braucht er um rechtzeitig noch einige unpopuläre Maßnahmen durchführen zu können.
Ist die Politik von Rüttgers in Wahrheit viel wirtschaftsfreundlicher als sein Image?Schauen Sie sich doch die vorliegenden Pläne an: Die Privatisierung der Stadtwerke. Da haben doch nicht nur die Rot-Grünen demonstriert. Dieses Vorhaben ist doch nicht nur kommunal- und wirtschaftspolitisch fragwürdig, es trifft auch die CDU in den Kommunen im Mark. Rüttgers fischt hier im Teich der FDP – es geht um sein marktliberales Image.
Welche Motive könnte Ackermann mit seinem Auftritt bei der NRW-CDU in Düsseldorf verbinden?Es scheint ja ziemlich sicher, dass er als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank nicht noch einmal antreten wird. Und – ein Mann seines Kalibers unternimmt nichts, was ihm nicht unmittelbar nutzt.
Ist es ein Problem, wenn große Unternehmen gleichzeitig als Sponsor eines CDU-Kongresses auftreten?Das würde ich nicht überbetonen. Hier scheint sich fast Partei übergreifend etwas Neues zu ergeben. Solange keine einseitigen Abhängigkeiten zwischen Partei und Wirtschaft ergeben, sehe ich da keine große Gefahr: Sponsoring bedeutet nicht Käuflichkeit.
INTERVIEW: MARTIN TEIGELER