: Kunstlied und Jazztradition
Nein, ohne „Blueprint“ geht es wohl nicht. Der Song verfolgt Katharina Franck wie ein kleines Hündchen. Als ihre Band Rainbirds im Jahr 1988 diesen Hit landete, war das eine große Überraschung. Nun, mehr als ein Vierteljahrhundert später, ist es keine allzu große Sensation, dass „Blueprint“ schon wieder dabei ist auf „Yonder“, dem neuen Album der Rainbirds.
Immerhin muss man zugeben: Der Song ist echt nicht kaputt zu kriegen. Diesmal muss er sich eine Umsetzung mit nervös kieksenden Synthies und knalligen Drumbeats gefallen lassen. Könnte schlimmer sein, tut dem Lied aber auch nicht notwendigerweise gut. Ansonsten ist der Versuch, den alten Rainbirds-Songs mit Musikern, die sonst bei Peter Fox, Lychee Lassie oder Miss Platnum tätig sind, einen zeitgemäßen Außenanstrich zu verpassen, einigermaßen gelungen. Generell aber ist „Yonder“ eine Mogelpackung: Zum einen markiert dieses Album mitnichten ein Comeback der Rainbirds, denn von der frühen Besetzung, zu der einst auch Ärzte-Bassist Rod Gonzales gehörte, ist außer Franck selbst niemand mehr dabei. Stattdessen wollte Franck mit neuen Musikern eine Art Werkschau aufnehmen.
So hat der Sound des Albums nun aber herzlich wenig zu tun mit dem locker hingeflockten Gitarrenpop, mit dem die Rainbirds einst bekannt wurden. Stattdessen bemüht sich Franck – wie meist seit ihrem Ausflug in die Popcharts –, Musik zu machen, die zwar irgendwie noch als Pop durchgeht, der man aber einen intellektuellen Anspruch anhören soll. Die Folge ist dann Musik für höhere Töchter, die zwar gern mal tanzen, aber vor den Eltern mit Kunstlied und Jazz kokettieren.
Dann doch lieber gleich richtigen Jazz: Das Julia Kadel Trio hat es geschafft, sich aus dem Schatten des Mentors Till Brönner zu befreien, und durfte nun bereits sein Debütalbum „Im Vertrauen“ auf dem legendären Label Blue Note herausbringen. Diesen Ritterschlag hat sich die erst 27-jährige Pianistin auch zweifellos verdient.
Versiert improvisiert sie sich, einfühlsam unterstützt von Bassist Karl-Erik Enkelmann und Schlagzeuger Steffen Roth, durch die Vergangenheit, sagt fehlerfrei das kleine Einmaleins des Cool Jazz auf, hat allerdings auch das Free-Alphabet drauf und besitzt dann sogar noch die Traute, immer mal wieder so heftig in die Tasten zu hauen, dass man dann doch nicht vor lauter Traditionspflege einschläft.
THOMAS WINKLER
■ Rainbirds: „Yonder“ (Pure/Universal), live am 6. 9. im Privatclub
■ Julia Kadel Trio: „Im Vertrauen“ (Blue Note/Universal), live am 9. 9. im A-Trane