Filme über Vertreibung

Asche zu Kaffee

Im Sommer 2005 machten die Filmschaffenden Elwira Niewiera und Kornel Miglus in Stolzenhagen eine Filmwerkstatt mit polnischen und deutschen Jugendlichen aus Odernähe. Thema war Vertreibung. Die der Deutschen und die der Polen, die in die exdeutschen Häuser gezogen waren. Die so entstandenen, angenehm unprätentiösen Dokumentarfilme wurden am Donnerstagabend im Arsenal-Kino gezeigt. Meist hatten die Jugendlichen ihre Großeltern überredet zu erzählen. Eine polnische Oma, die erst nicht wollte, wurde mit den Worten „Alle Omas haben zugesagt. Auch die deutschen Omas“ dazu gebracht, doch mitzumachen. Eine deutsche Oma besuchte für den Film das Haus, aus dem sie 1945 hatte fliehen müssen. Obgleich sie danach nur einen Kilometer von ihrer früheren Heimat gewohnt hatte, war sie nie mehr dort gewesen. Ihr ehemaliges Haus sah top aus mit Plasmafernseher und Reichtum – wie ein Westdeutschlandklischee. Natürlich gab es Tränen.

Das Traumatisierende, tief ins Restleben Schneidende der Vertreibungserfahrung deutete sich aber nur selten an. Einmal hatten die Jugendlichen ein sehr ergreifendes Interview mit einer Oma gemacht, das leider nicht verwendet werden konnte, weil die Seniorin vor Aufregung so sehr mit den Füßen gescharrt hatte, dass man die Aufnahme nicht mehr verstand. In Westpolen hat ein jeder eine Vertreibungsgeschichte. Für alle war das Drehen und Sehen sehr gut. Danach stand man mit Weingläsern zusammen, und Kornel Miglus berichtete von einer in Amerika verstorbenen Tante, deren Asche in einer Kaffeedose in ihre polnische Heimat geschickt worden war. Irrtümlicherweise hätten die Verwandten daraus Kaffee gemacht, der recht fad geschmeckt habe. DETLEF KUHLBRODT