Die Merkel-Warnerin

Die ehemalige FBI-Agentin Coleen Rowley (Foto) hat kurz vor dem aktuellen Nato-Gipfel ein „Memorandum“ an Bundeskanzlerin Merkel geschrieben. Titel: „Hüten Sie sich vor den gefälschten Geheimdienstbeweisen zur Ukraine“. Ein klassischer Lobby-Angriff: Rowley macht darin die undeutlichen Fotos angeblicher russischer Panzer und Haubitzen in der Ostukraine schlecht. So was hätte man damals 2003 vor dem Irakkrieg auch schon präsentiert und als Massenvernichtungswaffen bezeichnet. Die ukrainische Armee wäre auch so besiegt worden, bei ihrer unfähigen Führung.

Rowley hat den offenen Brief verfasst für den Zusammenschluss „Veteran Intelligence Professionals for Sanity“ (VIPS), zu Deutsch etwa „Ehemalige Geheimdienstmitarbeiter für den gesunden Menschenverstand“. Was sich anhört wie Satire, ist ernst gemeint: Die Damen und Herren dieser Verbindung waren hochkarätige Offiziere, CIA-Agenten, NSA-Datenschnüffler. Viele davon Whistleblower, andere hat erst nach der Pensionierung das Gewissen gepackt. Diese Veteranen dürften also mehr Ahnung haben, auf welche Geheimdiensterkenntnisse Verlass ist als die meisten aktuellen Nato-Gipfel-TeilnehmerInnen.

Rowley selbst weiß, dass Vernunft in dem Geschäft nur ab und an siegt, aber sie will es wenigstens mal versucht haben. Ursprünglich war sie eine Juristin aus Iowa, ging dann zum FBI. Zur Whistleblowerin machten sie die Anschläge vom 11. September: Ihr FBI-Bereich in Minneapolis hatte weit im Vorfeld Alarm wegen eines Verdächtigen geschlagen; im Hauptquartier in Washington wurde das jedoch ignoriert. Wegen ihrer Aussagen kürte sie die US-Zeitschrift Time zusammen mit zwei anderen Whistleblowerinnen 2002 zur „Person des Jahres“.

REINER METZGER