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Archiv-Artikel

Erpressung nach Vergleich

Spaniens Opposition boykottiert den Medienkonzern Prisa, zu dem auch die Tageszeitung „El País“ gehört

Spaniens Volkspartei (PP) redet nicht mehr mit jedem. Seit dem Wochenende boykottiert die größte Oppositionskraft alle Medien der Gruppe Prisa. Zum größten spanischen Medienkonzern gehört Spaniens auflagenstärkste Tageszeitung El País, das meistgehörte Radio Cadena SER sowie der Privatsender Canal Plus mit seiner Satellitenplattform Digital Plus.

Der Grund für den Boykott ist eine Erklärung des Prisa-Präsidenten Jesús de Polanco auf der Aktionärsversammlung vom vergangenen Donnerstag. Polanco kritisierte die wiederholten Demonstrationen der PP und der Vereinigungen der ETA-Opfer gegen den Dialog der Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero mit den bewaffneten baskischen Separatisten und deren Umfeld. Der Medienzar sieht darin „Frankismus in Reinkultur“.

„Solange Herr Polanco seine bedauernswerten Erklärungen nicht öffentlich richtig stellt, wird die Partido Popular den Einladungen der Gruppe Prisa nicht mehr Folge leisten“, heißt es zu dieser Gleichsetzung der Konservativen mit der Diktatur unter General Franco aus der PP-Zentrale. Die Vertreter der Konservativen in Radiodebatten der SER glänzen durch Abwesenheit. Interview-Anfragen werden nicht mehr entgegengenommen. Aus PP-regierten Regionen und Gemeinden wurden Anzeigen storniert.

Die Regierungspartei PSOE, der die Gruppe Prisa von jeher nahe steht, ruft nun zum Schulterschluss mit den betroffenen Medien auf. „Das ist eine Erpressung, die kein Demokrat einfach so hinnehmen kann“, erklärte PSOE-Sprecher Pepe Blanco. Bei einem Treffen der sozialistischen Bürgermeisterkandidaten wurden jedem Teilnehmer ein Exemplar der El País überreicht.

Auch innerhalb der PP sind nicht alle mit den Boykott einverstanden: Der Bürgermeister von Madrid Alberto Rúiz Gallardón überlegt sich, ob er trotz der Kampagne seiner Parteiführung an einer Radiodebatte bei der Cadena SER mit seinem sozialistischen Herausforderer teilnehmen soll. „Das ist nicht normal, das hätte nie passieren dürfen“, kritisiert er den Boykott.

Die El País schießt auf ihre Art zurück. Seit dem Wochenende wühlt sie in der Vergangenheit der PP-Politiker und bringt das Ergebnis Tag für Tag aufs Titelblatt. Zielscheibe ist der ehemalige Arbeitsminister und heutige Sprecher der Konservativen. Er soll für Dienstreisen Privatjets geheuert haben, ohne dies rechtfertigen zu können.

REINER WANDLER