Kein Ladenschluss für Antifa

Im Zusammenhang mit neuem Infoladen sorgt sich die Polizei in Aurich wegen Straftaten. Bürgermeister und Rat finden, mit einem neuen Jugendarbeitskonzept darf weitergemacht werden

von MARTIN SPIESS

Der Kriminalhauptkommissar hatte die Stadt gewarnt. „Wehret den Anfängen“, hatte Johann Lieutenant (sprich: Li-eu-te-nant) vor dem Verwaltungsausschuss im ostfriesischen Aurich gesagt. Er tat das mit Blick auf Straftaten, die Lieutenant zufolge mit dem kürzlich geöffneten Antifa-Infoladen im Auricher Jugendzentrum zu tun haben könnten.

„Farbschmierereien“ wie „Antifa – wir sind wieder da“ und „Nazis töten ist kein Mord“ hatten Lieutenant offenbar an die 90er Jahre erinnert: Damals war die Stadt zum Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten geworden. „Das wollen wir so nicht wieder haben“, sagt er der taz. Anders als in den Ostfriesischen Nachrichten berichtet, habe er aber nicht dazu aufgefordert, den Infoladen deshalb gleich schließen zu lassen. Es sei lediglich auffällig, dass es mit dessen Eröffnung zu den „Schmierereien“ gekommen sei. „Ich habe nichts gegen Antifaschismus“, sagt Lieutenant. „Ich habe nur etwas gegen Straftaten. Das ist ja mein Job.“ Rechtsstaatlich gegen Rechts vorzugehen halte er aber für völlig in Ordnung.

Der Vortrag des Kriminalhauptkommissars überzeugte die Rats-CDU, nicht jedoch Aurichs Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst. Der schlug stattdessen ein Konzept zur Verbesserung der Jugendarbeit vor, das der Rat auch annahm – nicht dafür stimmten nur ein paar CDU-Abgeordnete. Sozialarbeiter sollen demnach mit Unterstützung der Fachhochschule Emden den Kontakt zu den Nutzern des Jugendzentrums verbessern.

Man müsse dennoch aufpassen, ob sich im Infoladen „Kräfte bewegen, die nicht in den Rahmen der Stadt passen“, sagt Johann Stromann, Sprecher der Stadt Aurich. Jetzt sei jedoch nicht der Zeitpunkt für Mutmaßungen.

„Hochgepusht“ nennt Heiko Moll, Fraktionsvorsitzender von Die Linke, die Diskussion um die Auricher Antifa: „Das waren vielleicht zwei oder drei Schmierereien.“ Das Problem in Aurich sei, dass die Antifa mit Linksextremen gleichgesetzt werde, sagt er. „Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass die Jugendlichen keinesfalls gewaltbereit sind.“

Eine Schließung des Infoladens kommt für die Linksfraktion nicht in Frage. „Wir dürfen die Jugendlichen nicht verfluchen und uns gleichzeitig beschweren, dass sie sich nicht für Politik interessieren“, sagt Moll. Es gebe zwar keine starke rechte Szene in Aurich, aber die „Autonomen Nationalisten“ würden versuchen, sich dort breit zu machen. Diese jungen Neonazis würden natürlich unter Jugendlichen werben. „Hier muss etwas passieren, damit man mal aufwacht in Aurich.“ Moll begrüßt das angekündigte Konzept des Bürgermeisters. Jetzt sei es wichtig, die Jugendlichen so weit wie möglich einzubinden. Das sei nicht immer der Fall gewesen.

Auch die Mitarbeiter des Jugendzentrums würden zu der Geschichte gerne etwas sagen – aber sie dürfen nicht. „Wir haben von oben einen Maulkorb“, sagen sie. Aber es sei gut, „dass viel diskutiert und kritisch geguckt wird“.