Und immer noch tanzen sie in der Diskursdisko

KONZERT Die Popmusikforscher von F.S.K. kriegten ihr so herrlich hüftsteifes Swingen im About Blank wieder mal ganz prima hin

Jetzt röhrte die ganzen letzten Tage die BMW, also die Berlin Music Week, mit ihren verheißungsvollen Angeboten an musikalischen Neuwaren durch die Stadt, und dann ist man in dieser Freitagnacht doch wieder bei F.S.K. gelandet. Einfach aus Bequemlichkeit und um zu überprüfen, ob man sich auf dieses Popforscherkollektiv weiterhin verlassen kann. Um es gleich zu sagen, auch als Serviceangebot für alle Lesenden, die mit der Pointe nicht bis zum Ende des Textes hier warten wollen: Man kann. Es war ein vergnügliches und höchst unterhaltsames Konzert mit F.S.K. im About Blank.

Nun ist es aber vielleicht so, dass gar nicht alle von dieser fabulösen Band je mal was mitbekommen haben, obwohl sie in einem unerschütterlichen Schlingerkurs seit 1980 eigentlich auf jeder Diskursdisko mitgetanzt hat. Zuerst mit zickiger Wave, dann huldigte sie Velvet Underground, interessierte sich plötzlich für Rückübersetzungen von Migrantenpolka aus dem Amerikanischen in ihre böhmische Heimat, arbeitete sich mit handgeschabtem Techno an Krautrock-Reminiszenzen ab – und wurde in diesen mittlerweile fast 35 Jahren vom wirklichen Erfolg verschont. Selbst zu den Zeiten, als mal David Lowery assoziiertes Bandmitglied war, der damals mit seiner eigenen Band Cracker in den heimischen USA an der Stadionrockschwelle stand.

Außerdem waren F.S.K. die erklärte deutsche Lieblingsband von John Peel, dem legendären englischen Radiomann. Wobei schon gesagt sein muss, dass zu einem tieferen Verständnis der Band ein paar grundlegende Deutschkenntnisse nicht schaden können: Mit zum großen Spaß bei F.S.K. gehört ja, wie sie in den Texten all die Verweise und Anschlüsse miteinander verstöpseln zu ihren Moritaten aus dem großen Buch der Popgeschichte. Locker wird dabei etwa von Josephine Baker in Paris rüber nach Düsseldorf zu Kraftwerk geswitcht, weil doch alles irgendwie zusammenhängen kann. Und weil es sich bei F.S.K. eben auch schlicht um Popmusikfans handelt, darf ruhig mal ein Tonstudio das Thema eines Liedes sein.

Im About Blank spielten sie etliche Lieder aus ihrem vor zwei Jahren erschienenem und immer noch aktuellen Album, „Akt, eine Treppe hinabsteigend“, sie spielten ein paar Lieder aus ganz frühen Wavetagen wie „Was kostet die Welt“, sie spielten das „Euro-Trash Girl“ aus ihrer Zeit mit David Lowery. Musikalisch klang das im stickigen, rauchgeschwängerten Hinterzimmer des About Blank so, als würde sich die Band dabei gerade in ihrer diskogestählten Postpunk-Reflexionsphase befinden. Druckvoll, stampfend. F.S.K.-Frontmann Thomas Meinecke zügelte diesmal etwas seine Plauderlaune und beschränkte sich auf für seine Verhältnisse extrem verknappte Zwischenansagen, in denen er gern das Wort „Tonträgerinnen“ einstreute. Auch so ein Diskursangebot.

Im ausgedehnten Zugabenteil war dann in einer recht derangierten Version von „Liebe tut weh“ auch dieses sagenhafte „wenn du dann in Liebe fällst“ zu hören, was doch die ganzen Übersetzungsverhältnisse der hiesigen Popmusik einfach mal so in einem Satz darlegt. Das aber schafft sonst keine deutsche Band in dieser alles erklärenden Knappheit. Was schon mal der erste gute Grund ist für F.S.K. Und der zweite: So herrlich stumpf und hüftsteif swingt keine andere deutsche Band. Funktionierte also alles noch bei F.S.K.

Eben, die Pointe: tolles Konzert. THOMAS MAUCH