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Archiv-Artikel

Neue Front gegen Gaddafi

LIBYEN Die Aufständischen erobern einen Grenzübergang nach Tunesien. Die USA wollen nun Drohnen einsetzen

DEHIBA/TUNIS/BERLIN afp/rtr/taz | „Willkommen im freien Libyen“ steht in großen Buchstaben am Grenzposten – auf Arabisch, auf Französisch und auf Tamazigh, einer Berbersprache. Die grüne Flagge des Gaddafi-Regimes ist verschwunden, es prangt die schwarz-rot-grüne Flagge der Aufständischen. Zum ersten Mal seit Wochen haben die libyschen Rebellen wieder einen deutlichen Erfolg gegen das Gaddafi-Regime erzielt. Erstmals übernahmen sie im Westen des Landes die Kontrolle über einen Grenzposten.

Wie ein AFP-Korrespondent berichtet, ergriffen die rund hundert Gaddafi-treuen Soldaten an der Grenze zwischen Dehiba (Tunesien) und Wazzan (Libyen) am Donnerstagmorgen die Flucht und brachten sich in Tunesien in Sicherheit, von wo aus sie allerdings von den tunesischen Behörden wieder zurückgebracht wurden.

Die schwer zugänglichen Bergregionen im westlichen Libyen in der Grenzregion zu Tunesien sind nach Ostlibyen und Misurata die dritte Front im Bürgerkrieg. Seit Wochen harren bewaffnete Aufständische des Berbervolkes gegen die Gaddafi-Streitkräfte aus. Jetzt haben sie erstmals einen Nachschubweg ins Ausland und können Kriegsversehrte evakuieren.

US-General sieht Patt

Schon seit rund einer Woche kämen immer mehr Kriegsopfer mit frischen Wunden heimlich über die Grenze und würden im Krankenhaus der Stadt Tataouine versorgt, meldeten jüngst die tunesischen Behörden. Am vorigen Wochenende wurden nach Berichten der Aufständischen hundert Menschen während des Beschusses der westlibyschen Orte Nalut und Yefren durch Gaddafi-Truppen getötet.

Dem Lagebericht des humanitären UN-Koordinationsbüros Ocha zufolge toben schwere Kämpfe in den Nafusa-Bergen dieser Region; drei Viertel der Bewohner der Stadt Nalut seien auf der Flucht, über 11.000 seien in Tunesien angekommen, und allein am Montag hätten rund 3.000 Menschen die Grenze nahe Dehiba überschritten.

In der Nacht zum Donnerstag flog die Nato nach eigenen Angaben Luftangriffe auf eine Kommandozentrale des Gaddafi-Militärs in der Region.

An den anderen Fronten hingegen gibt es kaum Bewegung. Nach Meinung von US-Generalstabschef Mike Mullen läuft die Lage „auf eine Pattsituation hinaus“. Infolge der Luftangriffe seien vermutlich 30 bis 40 Prozent der Gaddafi-Bodentruppen ausgeschaltet.

In einem weiteren Versuch, dies zu ändern, hat US-Präsident Barack Obama den Einsatz unbemannter Drohnen in Libyen autorisiert. Die auch in Pakistan oder im Jemen gegen al-Qaida eingesetzten Drohnen seien „einzigartig geeignet“, um präzise gegen Truppen in bewohnten Gebieten vorzugehen, sagte der US-General James Cartwright.

Die ersten zwei Drohnen sollten bereits am Donnerstag zum Einsatz kommen. Wegen schlechten Wetters sei der Einsatz jedoch verschoben worden.