DIE MACHT DER DEUTSCHEN AUTOLOBBY ÜBER DIE POLITIK IST UNGEBROCHEN
: Voller Erfolg mit leeren Versprechen

An ihren selbstgesteckten Klimazielen ist die deutsche Automobilindustrie klar gescheitert. Auf 140 Gramm pro Kilometer sollte der Kohlendioxidausstoß bis 2008 gesenkt werden, hatten die Hersteller in einer Selbstverpflichtung versprochen. Über 170 Gramm beträgt der aktuelle Wert für deutsche Neuwagen. Doch von kleinlauter Zerknirschung ist nichts zu sehen. Im Gegenteil: Der neue Cheflobbyist Matthias Wissmann lobt die eigene Branche trotz ihres Versagens nicht nur über den grünen Klee. Er weist auch die von der EU geplanten verbindlichen Emissionswerte – die die einzig richtige Antwort auf das völlige Scheitern der Selbstverpflichtung sind – weiterhin empört zurück.

Doch das Schlimme ist nicht das dreiste Agieren der Autolobbyisten. Die machen nur ihren Job. Wirklich erschreckend ist, dass sie damit noch immer so erfolgreich sind. Die geplanten EU-weiten CO2-Grenzwerte haben sie mit kräftiger Unterstützung durch die Bundesregierung schon von 120 auf 130 Gramm pro Kilometer aufgeweicht und arbeiten an weiteren Ausnahmen. Auch ein Tempolimit auf den Autobahnen, das neben der EU auch zwei Drittel der Bundesbürger fordern, scheitert an der Industrie, die das freie Rasen als Argument für ihre PS-starken Geschosse behalten möchte. Und nun zeichnet sich ab, dass sich auch bei der Umgestaltung der Kraftfahrzeugsteuer die Linie der Industrie durchsetzt. Die stimmt zwar zu, dass sich diese künftig nach dem CO2-Ausstoß richten soll. Aber die Berechnung soll so erfolgen, dass es niemandem wehtut. Weitergehende Vorschläge von Umweltverbänden werden offenbar nicht einmal vom Umweltministerium offensiv vertreten.

Diese Industriehörigkeit der deutschen Politik ist ein Drama. Nie waren die Rahmenbedingungen für ernsthafte verkehrspolitische Änderungen so günstig wie derzeit. Nun muss die Politik die Chance ergreifen. Statt bei jedem neuen Gesetz auf die Wünsche der Industrie zu hören, sollte sie der Autolobby die einzig angemessene Antwort geben: Wer die eigenen Ziele so krass verfehlt, sollte den Mund halten – und den Gesetzgeber seine Arbeit machen lassen. MALTE KREUTZFELDT