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tempo 30Limits sind gut, Kontrolle ist besser

Autofahrer sind durchaus lern- und anpassungsfähige Wesen. Sie fahren zwar gerne schneller, als die Polizei erlaubt, im Durchschnitt aber nie so schnell, dass es teuer wird oder sie Strafpunkte in Flensburg kassieren. Insofern senkt die Aufstellung eines Tempo-30-Schilds die tatsächliche Geschwindigkeit – im Ortsteil Rummelsburg beispielsweise von knapp 60 auf knapp 50 Kilometer pro Stunde. Ein Anfang ist also gemacht.

KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER

Denn nicht nur die Lebenserfahrung, auch die wissenschaftliche Evaluation neu eingeführter Tempo-30-Abschnitte auf Berliner Hauptstraßen zeigt: Autos, die langsamer fahren, verursachen weniger Unfälle, Lärm und Abgase – wenn auch die statistischen Ergebnisse nicht so eindeutig sind, wie sich viele erhofft haben mögen. Dennoch: Wer Verkehrssicherheit und Umweltschutz ernst nimmt, müsste für weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen eintreten. Dass Verkehrssenatorin Junge-Reyer diese nur nachts oder in Einzelfällen einführen will, ist deshalb halbherzig. Vermutlich will sie es sich nicht mit den Autofahrern verscherzen, die sich durch die Einführung der Umweltzone gegängelt fühlen.

Fakt ist aber auch: Ohne Kontrollen verpuffen die vorgegebenen Geschwindigkeitsreduzierungen. Das Aufstellen von neuen Blitzern, wie es die Grünen ins Gespräch bringen, führt allerdings nur zu einer punktuellen Beruhigung. 20 Meter nach dem Blitzer treten die Ortskundigen nämlich schon wieder aufs Gas. Nur mit mobilen Kontrollen lassen sich Autofahrer tatsächlich disziplinieren.

Da die Polizei nicht überall gleichzeitig sein kann, sollte sie sich mit ihren Geschwindigkeitskontrollen auf die Bereiche konzentrieren, wo Raser das Leben ihrer Mitmenschen in hohem Maße gefährden: vor Schulen, in Tempo-30-Zonen, in verkehrsberuhigten Bereichen und an Unfallschwerpunkten. Auf vielen Hauptstraßen mit und ohne Tempo-30-Schild sorgen häufig schon Stau, Zweite-Reihe-Parker und rote Ampeln für reduziertes Tempo. Dem tiefergelegten Raser, der in der Grünberger oder der Oranienstraße mit 70 km/h auf eine rote Ampel zubrettert, ist eh nicht mehr zu helfen.

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