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Archiv-Artikel

neues aus neuseeland: die ohrfeigenmaschine von ANKE RICHTER

Wenn es zurzeit auf Neuseelands Straßen und Schulhöfen von Kindern wimmelt, die Helm tragen, ohne Fahrrad zu fahren, dann hat das einen guten Grund: Es sind Kopfnuss-Schützer. Den Kiwis bleiben nur noch wenige Wochen, in denen sie ihren Nachwuchs straffrei vertrimmen dürfen. So lange muss die aufsässige Brut Vorsichtsmaßnahmen anwenden, um ohne Schädelbasisbruch davonzukommen.

Viele Kinder entwenden Nudelhölzer, Gürtel und Besenstiele aus den Schränken der Eltern. Banden Halbwüchsiger rotten sich an Skateboard-Rampen zusammen und lernen Selbstverteidigung. Pubertierende Mädchen üben meditativ Schmerzfreiheit. Kleinkinder trainieren den „Auge um Auge“-Stich: Haut Mama dir auf die Pfoten, weil du die Stricknadel in die Steckdose bohrst, dann rammst du die Stricknadel in ihr Auge. Es ist nur eine temporäre Maßnahme, bis das Gröbste vorbei ist. Aber gerade jetzt kann am meisten passieren. Auf den Kinderstationen werden mehr Hirnchirurgen eingesetzt, damit die medizinische Versorgung reibungslos klappt, wenn Vattern in diesen Tagen öfter die Hand ausrutscht.

Im Mai soll ein Gesetz verabschiedet werden, das Ohrfeigen verbietet. Dagegen läuft das Land seit Wochen Sturm. 80 Prozent der Kiwis beschweren sich: Was soll an ein paar Maulschellen plötzlich verkehrt sein? Die haben früher auch niemandem geschadet. Wie kommt der Staat dazu, uns in die Erziehung reinzureden? Das wäre ja noch schöner. Nur weil wir zufälligerweise die höchste Rate an zu Tode misshandelten Kindern in der zivilisierten Welt haben? So ein Schwachsinn, das eine hat doch nichts mit dem anderen zu tun. Wir lassen uns nicht mit brutalen Schlägern in einen Topf werfen. Wer so was behauptet, dem sollte man gleich eins auf die Fresse geben.

Bisher lässt das Gesetz noch „angemessene Gewalt“ zu. „Angemessen“ war bisher unter anderem der Einsatz von Reitgerten, Holzscheiten und Stromkabeln. Immerhin hatte – Beispiel Reitgerte – das verprügelte Kind zuvor eine Klotür in der Schule zerstört. Wahrscheinlich wusste es von daheim, dass mit ein paar Hieben und Tritten alles leichter geht. Mit langem Zureden wäre die Tür schließlich nicht aufgegangen. Schluss mit der politisch korrekten, von oben verordneten Gewaltfreiheit!

Hunderte von Menschen demonstrierten in den letzten Wochen in Neuseelands Städten. Ultra-Christen und rechtslastige Familienschützer trieb es auf die Straße. „Schluss mit dem Wahnsinn“, forderten sie. Der Wahnsinn ist das drohende Anti-Prügel-Gesetz. Nichts könnte schlimmer gegen die Bibel und den Erhalt der anständigen Menschheit verstoßen als juristisch geknebelte Eltern, die nicht mehr der natürlichsten Sache der Welt nachgehen dürfen.

Nicht nur Rechte, auch Liberale fühlen sich von dem Gesetzentwurf bedroht. Ein Satiriker fand die perfekte Lösung für beide Seiten: Er schlug die Erfindung der Ohrfeigenmaschine vor. Eine Art Stand-Fahrrad, an dem eine Gummiklatsche (wahlweise Kochlöffel oder Handfeger) befestigt ist, die bei Drehung der Pedale Schläge abgibt. So können sich Kinder in Zukunft selber züchtigen, während die Eltern straffrei bleiben und in Ruhe „Supernanny“ schauen.