: Der Gefangene für die Pressefreiheit
Joshua Wolf hat einen unfreiwilligen Rekord aufgestellt: Mit einer Haftzeit von 226 Tagen in einem kalifornischen Gefängnis war der 24-Jährige länger in Beugehaft als jeder andere Journalist in den USA vor ihm. Seit Dienstag ist im Internet zu sehen, was Wolf den Behörden nicht herausgeben wollte. Damit ist für die kalifornischen Richter ihre Forderung erfüllt und der Fall von Joshua Wolf erledigt. Seit vorgestern ist er wieder auf freiem Fuß.
Entstanden sind die Aufnahmen, um die Joshua Wolf mit dem Gericht stritt, am 8. Juli 2005 in San Francisco. Hier waren Demonstranten gegen den G-8-Gipfel in Schottland gewalttätig geworden und hatten ein Polizeiauto angezündet. Ein Polizist erlitt dabei einen Schädelbruch. Joshua Wolf – der junge Journalist, Video-Blogger und Filmemacher – war mit der Kamera dabei. An die Behörden wollte er seinen Film nicht weitergeben. Eine Aussage lehnte er ebenfalls strikt ab. Daraufhin verurteilte ihn das Gericht zu einer Beugehaft, die er ab dem 1. September in San Francisco absaß. Erst wenige Monate vorher hatte er seinen Abschluss in Psychologie an der San Francisco State University gemacht.
Die acht Monate hinter Gittern haben ihm allerdings auch verschiedene Medienpreise eingebracht. Wie jüngst den James Madison Award for Online Free Speech. Die Society of Professional Journalists ernannte ihn schon 2006 zum Journalisten des Jahres. Vertreter der Reporter ohne Grenzen hatten sich für seine Freilassung ausgesprochen. Es wurden Spenden gesammelt und Poster mit seinem Konterfei verkauft.
Die kalifornischen Gesetze zwingen Journalisten nicht zur Herausgabe ihres Materials. In Wolfs Fall jedoch begründeten die Richter ihre Härte mit dem öffentlichen Interesse, weil das Polizeiauto mit öffentlichen Geldern bezahlt war.
Auf Wolfs Homepage www.joshwolf.net, wo viele für den Journalisten Partei ergriffen hatten, ist nun auch das Video zu sehen. Allerdings ist der Film inhaltlich ziemlich harmlos. Die Szene, bei der der Polizist zu Schaden kam, ist nicht zu sehen – so hatte Wolf es bei der Verhandlung den Richtern erklärt. Auch nach seiner Freilassung will er weiterhin jede Aussage verweigern. Stattdessen hat er dem Film ein Statement beigestellt, in dem er sich besorgt über die Pressefreiheit in den USA äußert: „Jetzt, da die gesetzlichen und traditionellen Grenzen zum Schutz der Presse eingerissen wurden, sind die Menschen die Opfer.“
Nach mehreren Mediationen hat er sich zum Vergleich mit den Richtern entschieden. So, sagt er, blieben sowohl seine Grundsätze als auch die Rolle einer freien Presse in der sogenannten freien Gesellschaft gewahrt. CHRISTINE KEILHOLZ